Verfasst von: Dennis K. | 11. Februar 2023

Hemingway im Pie(de)mont(e de Colombia)

Hemingway hatte allen Anschein nach einen Faible für die Norditalienischen Seen und das Piemont: eine Liebe, die ich durchaus nachvollziehen kann, empfinde ich die Hügel zwischen Barbaresco und Barolo und das nahe gelegene Alba als eine der schönsten vom Menschen kultivierte Naturlandschaft, in der ich sowohl meinen als auch Kasia ihren 40. Geburtstag feierte.

Selten haben die Jahreszeiten auf die Wahrnehmung einer Landschaft einen solch bestimmenden Einfluss: Mein Geburtstag fällt in die Mitte des Oktobers und somit in die wohl unbestritten schönste Zeit der Geggend, ist die Ernte eingebracht und morgens legen sich regelmässig Nebelschwaden über diese wunderschöne Hügellandschaft. Meist strömen wohlsituierte und auch rundliche Menschen aus aller Herren Länder herbei und betreiben die „arte culinaria„, etwas, was man aus meiner Sicht tatsächlich nirgends auf der Welt besser betreiben kann als „hier“. Die weissen und sündhaft teueren Trüffel von Alba sind mir zwar zu sehr gehypt, aber eine gute Flasche -vorzugsweise reiner Nebbiolo- unterstreicht die unbeschreiblich tolle Slowfood-Küche des Piemonts.

Ausflug über Turin

Zu Ostern im April hingegen erwacht die Landschaft hingegen erst – noch ein wenig gerädert von den hier häufig ungemütlichen Wintern und das unbeschreibliche herbstliche Farbenspiel stellt sich längst nicht ein, so dass mir von diesem Besuch im Jahre 2019 eher das lustige Eiersuchen mit Konsti an Kasia runden Geburtstag, der auf den Ostersonntag fiel, in Erinnerung geblieben ist, wie auch der durchaus empfehlenswerte Ausflug in den sehenswerten Hafen Genuas mit dem Riesenrad und Blick auf die Containerschiffe und das international bekannte Aquarium. Ich glaube, es ist offensichtlich, warum ich die zum Teil wunderhübschen Bilder hier teile – mein Sohn fehlt mir in Kolumbien schon sehr !

Nun sitze ich hier im späten Hochsommer – die Kolumbianer, obwohl weitestgehend auf der Nordhalbkugel gelegen, empfinden die Zeit um Weihnachten tatsächlich als ihren Sommer und die Zeit im Juli eher als ihren Winter. Nunja, ich kann halt nur bedingt über die Kolumbianer schreiben, sondern eher über die Llaneros, bei denen ich die letzten 10 Tage zu Gast war in ihrem Piedemonte de Colombia.

Ich wäre ja nicht ein K*pp+ard*, wäre ich nicht längst zum Schluss gekommen, dass da etwas mit der Wahrnehmung der Llaneros nicht stimmen könne, denn ein Blick in die Klimatabellen lässt winterliche Kälteeinbrüche nicht erwarten. Allerdings sind die durschnittlichen Tageshöchsttemperaturen im Februar bei eher sinnigem Wetter und durchschnittene 31,7°C am höchsten, während sie im Juli wirklich „nur“ 28,4°C erreichen. Was aber wohl den Unterschied macht bei der Wahrnehmung ist die Trockenzeit, die sich hier zum Fusse der Ostkordillieren mit der Adventszeit & Weihnachten einstellt und bis in den März über Land legt, während es in der restlichen Zeit zwei, manche drei Regenzeiten einsetzen, die im Mai, Juni, Juli ihren Höhepunkt haben. Dann regnet es dann manchmal in einem „guten“ Monat so viel wie bei uns in einem ganzen Jahr.

Winter ist für die Llaneros dann wohl eher „Schietwetter“ – Sommer ist dann, wenn die Leute Ferien haben und die Sonne scheint: sehr überzeugend das Konzept auch für einen K*pp+ard*.

Samuél, Yis Sohn, musste am Ender der Sommerferien wieder in die Schule, genau wie Konsti geht er nun in die zweite Klasse. Sein Schulanfang verzögerte sich noch „kolumbianisch“ um 3 Schultage, dann nochmals administrativ um einen weiteren Tag und so konnte ich dann ein bisschen Pendeln zwischen meiner Welt und der Welt von Yis und Samuél und das ist in diesem Land nicht so leicht und die Eindrücke sind manchmal sehr sehr nahe gehend.

So versuchte ich mich in diesen 10 Tagen einmal verstärkt darin, das zu tun, was Hemingway mit seinen kurzen Sätzen so vorzüglich schaffte: Dinge, die ihm nahe gehen, möglichst einfach festzuhalten. In der Sonne schmorend versuchte ich mich zwar nicht an seinen Daiquiris, aber die Anzahl der zuckersüssen, mexikanischen Coronitas, die man nur angucken musste und schon waren sie verdunstet, machte dem Personal im Hotel Campenario viel Freude. Insofern möchte ich das gesunde Frühstück festhalten und nicht meine Coronita-Orgien, die ich aber -vielleicht auch ein Resultat meines Klinikbesuches- nicht unbedingt mehr mit einem schlechten Gewissen feiere

Hotel Campenario, Villavicencio, Piedemonte Colombiano, Februar 2023

Verfasst von: Dennis K. | 9. Februar 2023

Tintipán – Karibikparadies

Vielleicht schreibe ich hier ein wenig anders als in der Vergangenheit, werden doch auch familiäre Dinge hochgespült, die mehr oder wenig geschickt von mir in Worten verarbeitet werden, und die mir gerade so in den Sinn kommen und die mir irgendwie wichtig bei der Verarbeitung der letzen Jahre erscheinen. Es ist nicht mehr ein Fahrradreiseblog, es ist ein sehr persönliches Tagebuch auf meiner eigenen Lebensreise.

Ohne Yis fühle ich mich nicht nur aber vor allem hier in Kolumbien unvollkommen, ein wenig amputiert oder gar allein, trotzdem ist mir gerade hier bewusst geworden, wie brutal unterschiedlich unsere Lebensrealitäten sind: ich liebe ihre Ruhe und mein Gott beobachte ich diese zarte Frau gerne. Vor allem ihr Umgang mit Samuél ist etwas, was ich gerne beobachte und mir an einigen Stellen auch gerne ein wenig abgucken will. Die beiden schmusen sehr viel miteinander und sie hat mir schon in der Schweiz einmal sehr deutlich gemacht, wie sie mit „Eifersucht“ von Konstantin umzugehen gedenkt. Das Gleiche gilt nun auch für unsere gemeinsame Zeit mit Samuél und es fühlt sich richtig an, wie sie die Dinge angeht. Samuél ist ein wenig schüchtern, taut dann aber irgendwann auf und wird zu einem richtigen Jungen, der aber die Grenzen, die ihm seine Mutter setzt einzuhalten bereit ist.

Yis hatte ihn auf diesem Koralleneiland an der langen Leine, aber doch immer im Blick. Verständlich, er schwimmt gut aber nicht verlässlich sicher im Meer. Ein böser Blick ihrerseits setzte Grenzen, und zu meiner eigenen Verwunderung habe ich sie nicht einmal die Stimme erheben hören müssen. Wir anderes, wenn ich an den Tag der Abreise in Taormina auf Sizilien denke als Konstantin meine Grenzen einmal wieder in einer Art und Weise austestete, die mich in eine pädagogische Krise stürzte.

Leider stelle ich fest, wie vorsichtig wir beide durch das Erlebte sind, wie wenig wir uns selber, aber leider auch noch einander vertrauen. Das finde ich schade, weil meine Intuition, die ja auch gerne mal trügt, mit unendlich viel Vertrauen bei dieser jungen Frau ist. Dass wir unsere junges Pflänzchen der eigentlich kaum auslebbaren und uns beiden doch so wichtigen Viersamkeit sehr achtsam zu umsorgen haben, wurde mir schnell klar, als ich mich einmal wieder wie der Elefant im Porzellanlagen benahm und Yis wieder in ihrem Schneckenhaus verschwand und mich erst nach Tagen den Grund und vor allem die Konsequenz wissen liess:

Por qué hace mucho tiempo pensé que no dejaría que nadie me lastimara

Ich hatte sie in die Lage gebracht, nicht ehrlich sein zu können gegenüber Samuél und dies ist irgendwie eine Ironie des Schicksals, dass mir das nach alledem passiert musste: Es tut mir unendlich leid, Yis und auch Samuél – PUNKT ! Es ist aber alles in allem auch ein wunderbares Beispiel, wie wichtig Kommunikation in Bezug auf Vertrauen und auch die Erkenntnis ist, dass es immer mehrere Perspektiven auf ein und den gleichen Sachverhalt gibt: gerade letzteres scheint mir auch heute noch nicht ganz klar zu sein auf meiner Suche nach der Nicht-K*pp*ard*schen Wahrheit.

Komme ich nun nach diesen auch ein wenig schmerzhaften Erkenntnissen aus unserem Karibikidyll zu genau diesem. Die Karte aus Wikipedia hatte ich schon unbearbeitet einmal hier abgebildet und im Posting zuvor die Anfahrt beschrieben. Wir kamen aus dem Golf von Morrosquillo aus Santiago de Tolú aus Süden

Anfahrt Tintipán im Archipel San Bernardo von Santiago de Tolú

An unserem erste Stopp (Punkt 1) auf der Isla Palma ging lediglich ein kolumbianisches Pärchen von Bord – es war die erste Bilderbuch-Insel des Archipels mit einem prominenten Hotel, was ich auch als Alternative in Betracht gezogen hatte. Aber irgendwie führte uns der Weg doch eher zu Carlos…

Trauminsel Isla Palma

Danach (Punkt 2) ging es weiter zum künstlichen Eiland der Inselbewohner dem Santa Cruz de Islote, über dessen Erfahrungen ich bereits im Posting zuvor berichtete. Ich finde es sehr sehr, eindrucksvoll, wie und warum die Menschen so leben, wie sie das tun und bin immer wieder fasziniert, wenn ich das Eiland von oben sehe.

Interessant ist weiterhin, dass Kolumbien, das uns lange Zeit in Bezug auf die Covid-Impfung voraus war, auf diesem Eiland eine 100%ige Impfquote erreichte. Interessant auch -das stand zumindest nicht einem meinem Reiseführer-, dass diese Insel geschaffen wurde, um der immensen Stechmückenplage auf den benachbarten Inseln zu entkommen: jetzt werden mir die Kehrseiten unseres Paradieses schlagartig bewusst, hatte ich DEET in nur 25%iger Konzentration zwar dabei, aber eine Nacht nicht benutzt und nicht unter dem Moskitonetz verbracht, sondern draussen in der Hängematte. Es juckt nach über 10 Tagen noch…

Luftaufnahme des knapp 1 Hektar grossen Santa Cruz de Islote

Danach ging es dann weiter zum nördlichsten Punkt des gesamten Archipels und

dem Hotel Puntanorte auf Tintipán zu Gast bei Carlos

Wir hatten 2 Nächte gebucht und uns wurde schnell klar, dass wir alle auch gegen eine dritte nichts einzuwenden hatten. Carlos, der Inhaber und Besitzer, auch er kann sich leider nicht Eigentümer des Grund und Bodens nennen, kam vor 40 Jahren auf die Insel und erinnert mich ein wenig an Heribert Seckler, der auch aus einer Brettbude in Rantum das legendäre Sansibar auf Sylt schaffte. Gut, davon ist Carlos noch immer weit entfernt und er kam auch nicht aus dem Schwabenland, sondern aus dem weit entfernten Uruguay. Carlos ist die gute Seele des Hauses, wuselt immer irgendwo rum und mit und entgegnete mir auf die Frage nach seinem Alter ein knappes: „¡Cumpliré 82 a principios de febrero!“ Na dann, alles Gute Carlos, Du hast Dich exzellent gehalten ! Aus der Fischerbude mit einem Gästezimmer sind 10 geworden, „Es suficiente“, wie er deutlich sagt.

Nachdem wir uns ein wenig über den Tourismus während der dunkeln Jahre Kolumbiens und seine Anfangszeit auf Tintipán unterhielten, er mir die Besitz- und Pachtverhältnisse auf den Inseln ein wenig erklärte und seinen Ansatz der ökologischen, Subsistenzbewirtschaftung erklärte, bat ich ihn um ein Bild, das er mir nicht gewähren wollte: „Caballero, el mejor momento está detrás de mí“ und er verwies augenzwinkernd auf die Zeitungsartikel an der Wand.

Kulinarisches

Carlos hat unglaublich bemühte, freundliche Mitarbeiter, die allesamt aber aus Cartagena oder Tolú kommen und so mit ihm auf der Insel wohnen. Es wird immer frisch gekocht, meist frischer, fritierter oder gegrillter Fisch oder wenn man wollte, durfte man auch mal Carlos Schatztruhe öffnen und darin befanden sich einige der grössten Langostas, die ich je gesehen hatte und die wunderschönen fast schon erotisch aphrodisierenden Caracols, die Karibischen Seeschnecken, die eigentlich reichlich hier vorhanden sind, aber mittlerweile auch „überfischt“ zu werden scheinen. Diese wurden komischerweise eher in einem Eintopf verarbeitet. Da hatte ich trotz aller Überfischungsporblematiken meine Finger schnell in Carlos Schatztruhe und nicht zu einem Eintopf verarbeiten liess ich die dicken Dinger, die nicht schon rot sind, sondern erst rot werden und die kamen zwar in einen Topf, aber, ja so ist das leider, lieber Konstantin, aus siedend heissem Wasser.

Die arme Yis hat leider eine Krustentierallergie, wollte aber auch zumindest einmal probieren, was sie dann mit einer allergischen Reaktion und viel Übelkeit über Nacht bezahlte: es war doch nur ein Fingerkuppen grosses Stück ! Samuél mischte aber von Auswahl des Krustentieres bis zum Teller begeistert mit, bestellte sich selber aber lieber ein Stück Fleisch. Das Gehäuse der Muschel packte er aber begeistert ein und nahm es mit ins Llanos.

Nunja, der aufmerksame Leser wird bemerken, dass ich mich zweimal an diesen roten Freunden vergangen haben. beim ersten, den ich selber in der Hand habe, war ich noch schüchtern und blieb bei einem Kilo, beim zweiten Mal legte ich diese Schüchternheit ab, was ich aber fast mit einem Eiweissschock bezahlte: 18€ für den Kleinen, 28€ riefen sie für den grossen Crayfisch auf: schlicht und ergreifend horrend für das Budget der einfachen Menschen hier, verlockend günstig für viele Europäer und Nordamerika, die so etwas gerne essen.

Leider keine Bilder habe ich von unserem Ausflug zum Schnorcheln in der Korallenstrasse und nur wenig Bilder von unserem Kurzbesuch auf Múcura. Alles in Allem war es für mich aber eine magische Zeit trotz der Missverständnisse, die ich oben beschrieb. Yis und Samuél bauten filigrane Sandburgen und Yis las an einem Nachmittag endlich einmal den Alchemisten, den ich ihr in Bogotá gekauft hatte. Kasia hatte mir das wunderbare Coelho-Zitat mit auf den Weg durch Afrika gegeben und genau dieses Zitat hatte auch Yis für mich als ich sie Anfang April kennenlernte. Samuél und ich tauten im Salzwasser ein wenig auf und genossen die Zeit – er hatte schnell für sich verstanden, er müsse halt mit mir sprechen, wie mit einem Vierjährigen. Jetzt lasse ich einmal nur die Bilder „sprechen“. Danke Euch beiden, Samuél und Yis für die tolle Zeit im Paradies, gefehlt hat mir nur einer, meiner blonder Wirbelwind:

Verfasst von: Dennis K. | 8. Februar 2023

Tintipán – ein Gruss aus der kolumbianischen Karibik

Meine Insel der Kindheit

Seit früher Kindheit liebe ich das Meer, den Strand und die salzige Luft und so habe ich das unbeschreibliche Privileg, dass ich eine der schönsten Inseln in der Nordsee als zweites Zuhause ansehen darf – ein irgendwie zwiespältiger aber landschaftlich über jeden Zweifel erhabener, wunderbarer Ort Natur, auf dem sich meine unbeschwertesten Kindheitserinnerungen entfalten. Mir ist es mittlerweile vollkommen egal, wie andere Menschen diesen Ort sehen: es ist meistens von eigener Unsicherheit, Unkenntnis oder gar Neid getragen.

Burgen bauen, Capri-Sonne trinken (meistens nur eine und die war dann meist gegen Mittag schon warm), Fussball- und Beachballspielen am Strand oder im Garten der C-Häuser im Haus Carsten, die leicht zu merkende Telefonnummer unserer damaligen Ferienwohnung kenne ich noch heute. Die Gedanken an das graue Wählscheibentelefon mit Gebührenzähler und Schloss üben noch immer die gleiche Magie auf mich aus wie der Vater, der meist morgens täglich eine halbe Stunde „mit der Firma“ telefonierte, sich dabei aber immer zurückrufen liess!

Der Holzschläger für den Beachball sicherlich mittlerweile aus China stammend, bedruckt noch immer mit dem Logo aus Zeiten meiner Kindheitauf auf der Schlagseite. Er kostet mittlererweile deutlich über 10€, damals knapp unter 8 DM – Dank der neuen Herstellungsrouten eine fast gesunde Inflation. Die Qualität hat nachgelassen Auch landeten diese Bälle erster Aktivitäten häufig in den Wildrosen, die in vielen Teilen Deutschlands gar nach dem Ort benannt sind, den ich meine zweite Heimat nennen darf.

Dann sind da noch die legendären Bierwolf-Pommes, die bis zum Jahre 2021 einen beständigen Bund schlugen in die 70er Jahre meiner frühen Kindheit. Ironischerweise ass ich diees Pommes mit meinem Sohn wohl zum (vorerst) letzten Mal dort am Tag vor dem, der soviel Unruhe in mein und das Leben meines Sohnes brachte. Jetzt sind sie vorerst passé auf der Insel meiner Kindheit. Es wird schwer sein, diese Oase des Glücks auch für Konstantin dort zu schaffen. Auf der anderen Seite glaube ich, dass es das auch nicht sein muss. Meine Eltern brauchten nicht viel Abwechslung in ihren Urlauben, sie wollten ihren Kindern etwas bieten und so fuhren sie als Nichtskifahrer mit uns sicherlich gut 10 Jahre im Winter nach Österreich und immer ins gleiche Hotel einer Künstlerfamilie mit anspruchsvoller Architektur: dass es hinter diesen Mauern in vielerlei Hinsichten frei“geistiger“ zuging als uns Kindern das damals bewusst war, soll nur eine Randnotiz sein. Meine Eltern und die meisten Gäste schienen aber eher einen konservativen Urlaub bestreiten zu wollen als das, was von der bekannten Tiroler Architekten- und Künstlerfamilie hinter den Kulissen selbst vorgelebt wurde. In zwei Urlauben lösten si h meiner Eltern aber aus dieser privilegierten Sommer-Winter Routine. Zum 50. meines Vaters ging es im Dezember 1991 um die halbe Welt nach Neuseeland, 2 Jahre später zum 50. meiner Mutter kurz vor(!) der Transmission und nach dem Ende der Apartheid nach Südafrika. Erstere Reise brachte mich zu einer dieser Inseln, die für viele Menschen die ultimativen Urlaubsträume beinhalten letztere Reise weckte vielleicht mein Interesse am Afrikanischen Kontinent.

Die Karibik, nicht die Südsee

Die Karibik und seine Inseln haben hingegen einen ganz anderen Ruf, sie erinnern mich zwar ein wenig an die Südsee am anderen Ende der Welt und stellen sich vielleicht ein wenig wilder und abwechselungreicher dar als die Honeymoon-Destinationen Malediven oder Seychellen. Ich kenne aber wenig von all diesen Inseln, bin ich froh in den letzen 20 Jahren die grossen Inseln im Mittelmeer ein wenig für mich entdeckt zu haben. Wie gesagt zum 50jährigen Geburtstag meines Vaters in Neuseeland, durfte ich gerade 20jährig kurz die Südsee bereisen. Was in Erinnerung bleibt an meinen Ausflug in diese Südsee und meine Familie ist aber v.a. folgendes:

Aufgrund meiner Englisch-Kenntnisse, das Internet hatte 1991 noch keine Verbreitung gefunden, war mir als einer der ersten zu Ohren gekommen, dass für unsere Destination, die Cook-Inseln eine erhebliche, ich glaube es war die damals zweithöchste, Tropensturmwarnung ausgesprochen war für den Tag nach unserer Ankunft. Was mir zudem in sehr lebendiger Erinnerung blieb, ist die Tatsache, dass mein Vater zum Abflug auf eben dieser Cook-Inseln vom Neuseeländischen Aukland bereits 50 Jahre und einen Tag war und zumindest im Flugzeug, seinen 50. Geburtstag am späten Abend diese Fluges nochmals feiern konnte, hatte wir doch kurz vor den Cook-Inseln die Datumsgrenze kurz nach 22:00 ostwärts überflogen und er war wieder 50 und null Tage und reichlich Stunden. So freute er sich, dass er zu den wenigen Menschen gehört, die einen solch runden Geburtstag zweimal feiern können.

Meine Mutter genoss die zweite Runde des neuseeländischen Schaumweines in Anbetracht der Sturmwarnung schon nicht mehr. Auf Rarotonga angekommen, es handelt sich bei den Cook-Inseln um bestimmt zwei Hände voll von mehr oder weniger bevölkerte Inseln, auf einem Gebiet dreimal so gross wie die frisch wiedervereinigte Bundesrepublik. Der Wind frischte in der Tat bei der Landung schon sehr deutlich auf.

Fernreisen waren -wie gesagt- nie das Ding meiner Eltern und meine Mutter war sofort damit beschäftigt im Hotel“lädchen“ sowohl alle Trockenkekse als auch eine nachhaltige Menge Toilettenpapier für sich, besser gesagt für uns, aufzukaufen. Dass mein Bruder dieses Verhalten in Bezug auf letzteres auch ein wenig pathologisch 29 Jahre später für seine Familie an den Tag legte (oder legen musste), bestätigt mich nur in meinen jüngsten „Entdeckungen“ zur Epigenetik. Ich bin zumindest in diesem Bereich ganz anders, hatte ich in der ‚Hoch’zeit der Pandemie vielleicht 20 Rollen im Haus, 10 mehr als sonst: ich fand es einfach nur spannend:

Die Nacht war windig, nein, die Nacht war wirklich stürmisch. Allerdings war und das merkte man sofort, die Insel nicht wirklich in Gefahr, brachen sich die Wellen doch sicherlich 100m ausserhalb vor einem Korallenriff, so dass nur die reichlich fallenden Kokosnüssen eine wirkliche Gefahr für Leib und Leben darstellten. Wie gerne erinnere ich mich jetzt an Yis und ihren Singsang, wenn sie von den fallenden Kokosnüssen im Garten ihrer Abuelita in Mesetas, Meta, Colombia spricht und ich nicht erst seit dem weiss, dass in den Tropen mehr Menschen fallenden Kokosnüssen zum Opfer fallen als wilden (Grosstieren)Tieren – lassen wir mal die Mücken aussen vor.

Warum mir das alles so in Erinnerung geblieben ist: mein Vater war am Tage nach dem Sturm, es war von einer Stunde auf die andere am nächsten Morgen unglaublich ruhig geworden, mehr damit beschäftigt die reichhaltigen Faxe (!), ja so war das im Jahre 1991, zu sichten, die ihn vor dem Abflug auf der wunderschönen Coromandel-Peninsula erreichten und die er nun zu beantworten versuchte, während meine Mutter sich von einer schlaflosen Nacht erholen musste und mein Bruder sich hingegen am anderen Ende der Welt damit beschäftigte, sich „gedanklich“ auf das Revierderby SG Wattenscheid 09 gegen seinen MSV Duisburg vorzubereiten, das die Duisburger in der Folge leider mit 2:0 verloren. Was haben sich in der letzten Generation die Informations- und Kommunikationsmöglichkeiten verändert, wie sehr ist die Welt zumindest diesbzgl. zusammengerückt.

Ich selber machte mich am nächsten per Tuktuk ins vielleicht 12km entfernte Avarua, der Inselhauptstadt, und verbrachte fast eine Stunde im dortigen Strassenverkehrsamt, um für vielleicht 2,80 DM meinen amerikanischen Führerschein in einen lokalen Motorradführerschein überführen zu lassen und die Insel somit 2 Tage mit einem Roller „unsicher“ machen zu können. Den Führerschein habe ich heute noch und er und er wird nunmehr mich ein Leben lang an Yis erinnern:

„Tendré una moto algún día. Para morir solo hay que estar vivo.“

Dass ich nach Erhalt des Führerscheins erstmal ein Bier in der örtlichen Brauerei verkosten musste, dessen Kronkorkenmaschine wohl in den 60 Jahren noch im Ruhrgebiet Kronkkorken verschraubte, soll nur eine Erinnerung am Rande sein.

Ich gehe gerne auf Entdeckungsreisen und diesmal soll hoffentlich mehr in Kolumbien sein und eine Insel werden. Ich wollte hier „meine“ Insel finden, etwas, an dem die Kleinen Spass haben und die Eltern sich ein wenig näher kommen lässt.

Das bekanntestes Inselparadies Kolumbiens liegt gut über 2 Flugstunden von Medellín entfernt, gut 200km östlich der Mosikitoküste Nicaraguas ca. 800km nördlich des kolumbianischen Mutterlandes. Auch die Einheimischen müssen eine für hiesige Verhältnisse schon prohibitiv hohe Einmaleintrittsgebühr für „den Nationalpark“ San Andres entrichten und auch ein Rückflug-Ticket vorweisen können. Auch waren die Flüge von Villavicencio (einem unbedeutenden Lokalflughafen) via Medellín in der Hautpreisezeit (Sommerferien haben die Kolumbianer ca. 9 Wochen von Ende November bis Ende Januar) für meinen Geschmack und hiesige Verhältnisse bei drei Personen recht teuer.

Für dieses Preisniveau bekommen die Kolumbianer aber auch etwas geboten, was sie so nicht kennen: ein englischsprachiges, absolut sicheres, Freihandelsgebiet im eigenen Lande mit einer sensationellen Strand- und Korallenlandschaft mit einer Ringstrasse, die ziemlich genau so lang ist wie die damals auf Rarotonga. Dass dies Begehrlichkeiten auf „Binnenmigration“ wecken könne, überrascht mich nicht. Erst 2007 entschied der Internationale Gerichtshof gegen die (Aussen) Begehrlichkeiten aus Nicaragua und zugunsten Kolumbiens, die Sandinisten hatten San Andres in den 80er Jahren auch für sich entdeckt und entsprechende Anträge auf den Weg gebracht. So Gott will, werde ich diese Insel ein anderes Mal bereisen, hoffentlich dann zu Viert und mit ein wenig Planung „beforehand“.

So waren wir, gebunden an die übrigen kolumbianischen Karibikinseln und beschränkt auf das, was südlich der Millionenmetropole Cartagena, zur Verfügung steht: Isla de Barú, Islas de Rosario, Islas de San Bernardo – allesamt Koralleninseln zwischen 20 und über 70 Seekilometer von Cartagena entfernt. Angereist waren wir von Yis‘ Heimatstadt Villavicencio über Medellín nach Cartagena, dazu vielleicht noch ein weiterer Blogeintrag an anderer Stelle.

Die Insel Barú (vom Festland nur durch einen künstlichen, von Sklavenhand geschaffenen Kanal getrennt) verfügt mit dem Playa Blanca über einen der schönsten Strände Kolumbiens, aber der Kampf um die Plätze ist zwischen Fischern und Establishment der nahen Metropole längst entbrannt und wird mit mehr, wohl eher mit weniger feinen Mitteln geführt, die die eingesessenen Fischer zum Verkauf „bewegen“ sollen. Ein Grundbuch gibt es nicht in allen Gegenden Kolumbiens und so dreht es sich um zum Teil heikle Eigentums- und Besitzverhältnisse und Einfluss in der Politik. Insgesamt scheint Barú seit den ruhigeren Nullerjahren endgültig aus dem Dornröschenschlaf gerissen, indem die beiden anderen Korallenatolle noch zumindest gefühlt ein wenig verweilen können.

Die Inseln Rosarios, 27 ausgestreute Eilande liegen noch deutlich abgeschiedener vor Barú und stellen die einschlägigen „Tipps“ der Reiseführer und YouTube-Dokumentationen dar, derer ich mich auf meinen Kolumbien-Reisen erstmalig bediene. Ich entschied mich (für uns) aber für die Islas de San Bernardo.

Yis ist super entspannt, sie liess mich machen und unterstützte mich mit meinen Anreiseplänen mit ihrer unglaublichen Gelassenheit, die ich wieder günstiger und v.a. erfahrungsreich gestalten wollte. Es hielt mich irgendetwas davon ab, mit dem teueren Speedboot die 70km in Angriff zu nehmen von Cartagena (wie es wahrscheinlich 95% der Gringos machen) und so machten wir uns per Bus ins gut 140km entfernt gelegene Santiago de Tolú, in dem wir die Nacht vor der Überfahrt noch ein simples Hotelzimmer mit Frühstück (€24 inkl. dem einfachen Frühstück für uns drei) bezogen und den späteren Nachmittag an dem hiesigen Strand mit einem sensationellen Sonnenuntergang verbrachten. Samuél liebte das Meer und konnte nicht genug bekommen:

Am nächsten Morgen ging es dann weiter, auch in einem Speedboot, allerdings war ich wieder der einzige „Gringo“ an Bord und die meisten Kolumbianer waren nur Tagestouristen. An diesen Morgen war die Karibik sanft wie ein Babypopo, was sich 4 Tage später nachmittags ganz anders darstellen sollte und so rauschten wir von Tolú auf das vielleicht 40km entfernte Archipiélago de San Bernardo zu. Samuél genoss die aufregende Fahrt sichtlich, kaum ängstlich und Yis freundet sich noch immer ein wenig mit dem Wasser an und war glücklich, dass das Tragen von Schwimmwesten hier in Kolumbien gesetzlich vorgeschrieben zu sein scheint. Unser erster richtiger Stop war das Eiland Santa Cruz de Islote, kaum ein Hektar gross und fast die gesamte Ursprungsbevölkerung des Archipels auf knapp einem Hektar beherbergend auf einem Grund und Boden, der durch Muschel- und Korallenanhäufungen künstlich (!) geschaffen wurde. Für 2€ (10.000pesos) bekamen wir eine halbstündige Tour, die uns an der Schule vorbeiführte, die gerade frisch gestrichen wurde, am Hühnerstall und -zuvor breit angekündigt- ins Aquarium.

Am Aquarium bat mich Yis, doch Samuél mit ins Wasser zu nehmen: nichts leichter als das, die einzigen Probleme, die ich damit hatte, war die Tatsache, meinen reichlich vorhandenen weissen Gringokörper öffentlich zur Schau zu stellen, die Fische würde der dicke Gringo kaum stören. Weit gefehlt aber: ich hatte wieder Wesentliches wieder überhört: Tiburón heisst Hai auf Spanisch und als ein 2 Meter grosser Fleckenhai um die Ecke bog wurde mir doch ein bisschen komisch zumute und ich wusste, wo ich mich befand. Das gesamt Aquarium lachte mich aus, ich genoss den Witz auf meine Kappe ! Das nächste Posting behandelt dann Tintipán und unsere 3 Nächte im Paradies. Konstantin, wir holen das mit dem Haien nach – ich freue mich drauf !

Bewegung als Ressource war eigentlich in der Klinik geplant als mein vorherrschendes Thema für den letzten Sommer und als etwas, was mir nicht erst seit der Klinik einleuchtet. Diese Erkenntnis habe ich schon vor über 12 Jahren hier in diesem Blog im Reiter „über mich“ verschriftlicht – es ist also nichts Neues. Allerdings verstehe ich langsam besser, was meine Glaubenssätze und inneren Kritiker mit der Tatsache zu tun haben, dass ich diese Erkenntnis für mein Leben so umsetzte, wie ich es tue: nämlich unregelmässig und zu Ekzessen neigend !

Ich erinnere mich an eine Leistungsdiagnostik, es muss im Frühjahr des Jahres 2009 gewesen sein. Das Radfahren ist spätestens seit Ulrich Schoberer eine Sportart, die wunderbar wissenschaftlich steuer-, plan- und auch kontrollierbar ist. Das Standardtretlager der Kurbel am Rennrad ersetzt man durch ein wunderbares Stück -auf Dehnmessstreifen basierende- deutsche Ingenieurskunst (im Rahmen einer Diplomarbeit an der RWTH Aachen :o) ) und schon weiss man jederzeit, wieviel Drehmoment gerade an der Kurbel anliegt bzw. wieviel Leistung abgegeben wird. Verbindet man diesen Input mit Erkenntnissen der Sportwissenschaft und legt man Roll- und v.a. Windwiderstand als exogene und konstante Parameter fest (was sie natürlich nicht sind), dann kann man relativ gut den menschlichen Aspekt des „Motors“ beurteilen und auch steuern…

Nun kam ich zu dieser Leistungsdiagnostik wie eigentlich immer im Frühjahr mit deutlich über 15kg Übergewicht. Zu dieser Zeit nutzten bestenfalls austrainierte Amateursportler laktatbasierte Leistungsdiagnostiken. Wattbasierte Leistungsmessung mit Schobers SRM-System war nur den Profiteams vorbehalten und einigen ganz wenigen verrückten Hobbyradlern wie mir. Die Rückmeldung des Sportmediziniers mache ich kurz: als er mich sah, so gab er zu, habe er diese Werte nicht erwartet, aber er würde es auch kurz machen: sollte ich mal den ambitionierteren Hobbybereich verlassen wollen, müsse ich mindestens 15kg abnehmen, ansonsten wäre das schon eine ganz manierliche Grundlage bei ganz guten absoluten Wattwerten.

All das konnte nicht überraschen, allerdings dauerte es viele Jahre bis ich das verstand, was er mir nebenbei bei der Verabschiedung mit auf dem Weg gab: „Dennis, es spielt zwar bei der Berechnung Deiner indiviuduellen anaeroben Schwelle, nur um die ging es hier, überhaupt keine Rolle, aber ich habe selten so hohe Laktatkonzentrationen zu sehen bekommen beim Abbruch. Das muss richtig weh getan haben ! Willkommen in der richtigen Sportart für Dich!“

Im Schmerz scheine ich mich wirklich besser zu spüren und lebendiger zu fühlen, kann sich mein Kopf mit meinen anderen Bedürfnissen verbinden. Aber ich bin mir langsam auch der anderen Anteile in mir bewusst, die da auch sind: ich bin neugierig, wissbegierig, auch genieße ich gerne, auch kann ich mal über mich lachen, ich bin ein soziales Wesen und ich will geliebt werden, so wie ich bin ! Leider melden sich am Ende aber häufig die gleichen Glaubenssätze wie „Ich bin nur etwas Wert, wenn ich leiste.“

Kasia als vorzügliche Beobachterin, brachte es einmal auf den Punkt und stellte mir die Frage, ob ich eigentlich radfahre, weil es mir Spass mache oder um Daten zu produzieren, die ich gerne analysiere. Offensichtlich musste ich auch hier Ordnung in mein Anteile-Orchester bringen:

Rund treten und dabei frei atmen fällt mir aber noch auf dem Rad schwer und so müssen die Brötchen ohnehin sportlich kleiner gebacken werden – größere eher „raumgreifende Spaziergänge“ sollten auf meinem Plan stehen und das klappte mit Yis im Juli schon super.

Unsere erste Woche in Colombia 2.0 liess diese Spaziergänge nur bedingt zu. Tintipán ist eine kleine Mangroveninsel ohne Landwege inmitten einer Lagune, eines Archipels, somit konnte ich mal das üben, was mir schwer fällt, mal im Wasser planschen und das mit einem tollen Jungen, der aber nicht mein Fleisch und Blut, mir aber vom ersten Moment ans Herz gewachsen ist und mich mal ein wenig treiben lassen und nicht wieder „getrieben“ zu sein. Von Tintipán berichte ich aber im nächsten Posting.

Als psychologischer Laie und kopflastige Mensch bin ich -so glaube ich zumindest- mittlerweile ganz gut in der Lage die Tiefenpsychologie von der Verhaltenstherapie und Systemtherapie abzugrenzen und auch ein wenig zu verstehen, was das Hypnosystemische ausmacht, das ich in Systelios kennenlernen durfte. Was Systelios für mich wirklich ausmacht, ist allerdings die Gruppe: wir Menschen sind nun einmal soziale Wesen und viele der (psychologischen) Probleme entstehen nach meiner Einschätzung auch durch Vereinsamung.

Vor der Kunst- und Musiktherapie hatte ich gehörigen Respekt, war mir doch nach objektiven Massstäben bewusst, dass ich dort nicht „abliefern“ konnte. Es dauerte ein wenig, bis ich verstand, dass es darum in der Kunsttherapie auch überhaupt nicht geht: es geht mehr darum, Dinge und Schönheit zu sehen und sie sogar mit den eigenen Händen ein wenig berühren und formen zu können.

Dass mir das doch ein wenig gelingen könne, zeigt mein ausgedehnter Sonnenaufgangsspaziergang in Cartagena. Das Kolonialviertel „El Centro“ und das angrenzende Boccagrande, die im Süden angrenzende Skyline war lt. Recherche zumindest am Tage sicher. Das Viertel am Flughafen, an dem wir gegen 12:00 über Medellín nach Villvicencio fliegen wollte, erschien mir zu meiner eigenen Verwunderung auch sicher und so machte ich mich mit dem Sonnenaufgang entlang der Karibik in Richtung Süden der Stadt nicht wirklich wissend, was mich erwartet. In den Tropen wird es bekanntermassen schnell hell und auch dunkel, was Yis und ich im Val del Cocora bei unseren Abenteuer“spaziergang“ im Urwald „Arsch über Latte“ festgestellt hatten, geht die Sonne doch viel steiler auf und unter. Das war kein Spaziergang, das war eine der schönsten Wanderungen der letzten Jahre, die ich aus der Intuition oder aus Glück genau richtig für das Erlebnis auch gegen den Uhrzeigersinn gemacht hatte.

So entwickelte sich bereits gegen 6:15h ein geschäftiges Treiben an der untertunnelten Uferpromenade – aber kein Tourist, sondern offensichtlich die besser gestellten Kolumbianer waren Gassi gehend, joggend, radelnd und skatend unterwegs. Auffallend war auch wie präsent der kolumbianische Sicherheitsaparat in dieser Gegend der Bessergestellten bereits um diese Uhrzeit war. Auffallend auch die Rolle, die hier bei der Verkehrsführung wieder das Fahrrad spielt, etwas, was ich auch in Yis‘ Stadt am nächsten Tag würde beobachten können.

Eine gute halbe Stunde später beobachtete ich eine Freizeitgruppen, die sich zum gemeinsamen Frühsport traf und zum Abschluss den Kreis weiter schloss, um sich einander zu berühren. Hätte ich das früher als unsinnigen esoterischen Scheiss abgetan, füllten sich meine Augen mit Tränen, gerne hätte ich mitgemacht, hatte mich meine Schwellenangst aber davon abgehalten.

Ich fühlte mich aber gedanklich so ungemein zurückversetzt in Systelios und ins Gruppenempfinden und so entschloss ich mich, ein wenig eigene Kunststherapie zu praktizieren, hatte ich doch gerade meinen Moment der Körpertherapie verpasst.

So setzte ich mich zu einem austrainierten Morgensportler, der routiniert Taichí zu machen schien. Gefühlt sass ich sehr nahe an ihm und starrte ihn fast schon an, so dass ich das Bedürfnis hatte ihn zu fragen, ob das für ihn in Ordnung sei. Er unterbrach seine Übung und stellte sich erst einmal vor und klar, dürfe ich ihm zuschauen !

So kamen wir ins Gespräch: Gustavo, 64 Jahre alt, liebe den Kontaktsport, habe seine eigene Sicherheitsfirma und käme eigentlich jeden Morgen hierher. Er würde mir gerne einmal seine jüngste Choreografie zeigen. Auch war er damit einverstanden, dass ich ihn dabei fotografiere. Ich war eigentlich nur stolz, dass sich mein Konversationspanisch zu entwickeln schien. So tauschten wir Nummern aus, denn ich wollte seiner Bitte folgen, ihm die Bilder zukomme zu lassen. Mit Pandemiefaust verabschiedeten wir uns.

Mir wurde bewusst, wie freundlich diese Menschen uns „Gringos“ gegenüber sind, was aber auch daran liegt, wie wenig entwickelt der internationale Tourismus hier noch ist, auch wenn Cartagena die wohl toursitische Gegend Kolumbiens ist.

So nahm ich unweit des Ortes, an dem Samuel eine Woche zuvor das erste Mal das Meer berührte, das gewonnene Vertrauen auf und lernte Pedro kennen. Pedro war ein Fischer, der seinen Fang entschuppte und dabei unfassbar cool, an einer Zigarette zog. Was hätte mein geschätzter Freund Kristian Pletten dieser Situation fotografisch entlocken können. Aber auch ich wollte mich versuchen und so folgte Pedro sogar meiner Bitte sich nicht von mir ablenken und sich von mir fotografieren zu lassen.

Meine Bilder machten mir Spass. Sie fühlten sich ein wenig an wie die haptischen Übungen von Frau Weck in der Kunsttherapie und der Kontakt zu diesen Menschen noch viel mehr. Mit einem unaufgeregten Lächeln verabschiedet er sich von mir.

Was erinnerte mich dieser Mann an das gütige Gesicht von Morgan Freeman.

Kaum hatte ich mich von Pedro verabschiedet konnte ich an diesem Dienstagmorgen kurz nach 7:00 eintauchen in das touristenleere Kolonialviertel.

Es war so viel angenehmer, hatte ich um diese Zeit die hiesige dicke Frau von Fernando Botero, nach eigenen Aussagen dem kolumbianischten aller kolumbianischen Künstler, alleine für mich und fühlte mich wie zurückversetzt an den Plaza Botero im wunderbaren Medellín vor gut 7 Monaten, an dem ich mich an Yis Seite so unendlich lebendig fühlte. Drei Touristenmotive machten sich gerade fertig und erspähten mich als frühes Opfer: Beti, Valentina und Isolda. Ich weiss nicht mehr, wer genau wer war, aber mir war klar, dass ich etwas von ihnen wollte und auch dafür bezahlen müsse, was ich auch der Fairness halber tat, es war schliesslich ihr Broterwerb:

Ins angrenzende Boccagrande mit der „nordamerikanischen“ Skyline schaffte ich es aufgrund der fortgeschrittenen Zeit leider nicht mehr., so war ich gegen 9 Uhr zurück im Hotel: Samuéls Sachen, inklusive Konstantins Giesswein Merinos waren liebevoll vorbereitet, ich musste an Konsti denken. Was für ein schöner Start in den Tag und 12km hat ich schon au der Uhr – das durfte ich jetzt auch wieder feststellen 😉 ! Und wer sich, das letzte Bild anguckt, wird auch wissen, dass es nur 8km waren – jajajaja, wie der Kolumbianer gerne schriftlich lacht…

*THIS IS A NOT TRUE STORY. The events depicted in this blog did not take place in Colombia, nor in Switzerland nor anywhere in the World. At the request of the survivors, the names have been changed. Out of respect for the dead, the rest has been told exactly as the author wants his story to be.“

ich fühle mich zu einer Zeit, in der sich der landschaftlich eigentlich wunderbare Bodensee häufig nasskalt, neblig oder meist grau in grau zeigt, selbstwirksam in Bewegung geraten. Vielleicht tänzeln auch nur Schmetterlinge in meinem Bauch, auch das wäre schön… ! Ich weiss es wirklich noch nicht genau.

3 Stunden nach der Freigabe der KiMu (in meinem Elend liebe ich diesen Ausdruck) Anfang des Jahres war das Ticket bereits gebucht: 

Zürich-Madrid-Bogotá-Madrid-Zürich. 

Wollte Kasia  mir tatsächlich etwas Gutes tun ? Konsti würde die Sportferien, die er nicht nur vereinbarungsgemäß insgesamt 2 Wochen am Stück, sondern, um den Kalenderwochen-Wochenrhythmus beihalten zu können, nun mehr ganze 3 Wochen mit seiner Mutter verbringen. Knapp 3 Wochen hatte er ja auch mit mir über Weihnachten in Duisburg und auf Sylt verbracht. Einziger, aber deutlicher Wermutstropfen: Konsti würde gerne einmal mitkommen und das würde nun noch (!) immer nicht klappen…

Iberia scheint auch nach der Pandemie diejenige europäische Fluglinie zu sein, die Südamerika am zuverlässigsten bedient und erwies sich als beste Option vor allem für den Hinflug, plante ich doch mit zwei Gepäckstücken anzureisen und nicht nur ein  paar Dinge von Konstantin an Yis’ Sohn Samuél weitergeben zu können, den ich diesmal kennenlernen würde. Vor dem Hintergrund des polnisch-griechischen Triathlons nach der Klinik, den ich über mich ergehen lassen musste und vor dem Hintergrund der Bedürfnisse von Ukraineflüchtligen, fühlt es sich gut an, wieder selbstbestimmt über Dinge entscheiden zu dürfen, die ich einmal angeschafft habe und die mir unbestritten nicht nur zur Hälfte gehören.

Samuél mit dem lang ersehnten Tiburón

Yis selber hatte sich doch in Venedig und auf Sizilien im Oktober wunderbar zurückhaltend aber unglaublich wirksam mit Konstantin verbunden und mir ein paar Dinge vermittelt. Dass ich immer noch Dinge häufig in ein Wettbewerbsumfeld einzubringen scheine, scheint mir diesmal nichtmal das Problem zu sein: ich war mir nur sehr unsicher, ob und wie mir das auch mit ihrem Sohn gelingen würde. Selber war ich einfach nur dankbar, wie Konsti auf diese junge Kolumbianerin reagiert hat, immerhin eine Frau, mit der er keine gemeinsame Sprache teilt.

Venedig, Herbstferien 2022
Konsti mit Yis in der Altstadt Taormina, Sizilien in den Herbstferien 2022
Taormina, Oktober 2022
In der Bucht von Syracusa, Herbst 2022
Konsti träumt nachts von und in der weiten Welt

Der Wunsch nach Bewegung hatte mich im letzten Juli nach Kolumbien und irgendwie auch zu Yis gebracht – nein, es war nicht die Bewegung, an die der eine oder andere Leser monothematisch denken mag. Es war die Bewegung,  die dem „hypno“ in der hypno-systemischen Therapie entspricht – sich nämlich auf seine eigenen Kompetenzen und Ressourcen besinnend, Dinge wieder achtsam und selbstwirksam anzustossen. Dabei handelt es sich um die Dinge, die man gerne macht und für die man auch das notwendige Rüstzeug mitbringt! Dies tue ich seit dem Juli letzten Jahres und ich bin auch diese Mal wieder auf einem guten Wege:

Der mir weniger gesonnene Leser oder der „Verurteiler/Richter“ als omnipräsenter innerer Kritiker in mir, wird mir sicherlich entgegenhalten wollen, dass es keine grosse “Ressourcen-Leistung” ist, drei Wochen im Januar in die Wärme zu fliegen. Doch in dieser Konstellation empfinde ich es verdammt mutig, auch zukunftsgerichtet verantwortungsvoll und zumindest für mich unendlich bereichernd, wieder eine solche Reise in Angriff zu nehmen. 

Verantwortungsvoll deswegen, weil ich ich ein wenig vorschnuppern will, was sich hier auch einmal gemeinsam für Konsti und mich und in der Zukunft ergeben könnte. Ich erinnere mich gerne an die Worte meines “engeren” Freundes Andreas am Bodensee über das, was Mexiko als Land zu bieten hat, was er vor vielen, vielen Jahren einmal wahrnehmen durfte: nämlich unendlich viel und für die meisten Menschen dort doch so wenig ! Ich liebe es von diesen Erfahrungen anderer Menschen profitieren zu können und auch die Rückmeldung eines sehr geschätzten Mitschülers aus dem gemeinsamen Erdkunde Leistungs(verweigerungs)kurs vor nun mehr als 30(!) Jahren dazu waren Balsam auf der eigenen Seele.

Auch “mein” Kolumbien ist so unendlich reich, vor allem an landschaftlicher Abwechslung, aber die meisten Menschen kratzen dabei an der Armutsgrenze Durch die ausgeprägte hohe Verstädterung, die laut Martin Spechts Länderportrait Kolumbien ihren Ursache v.a. in den verherrenden kolumbianischen Bürgerkriegen sucht ! Zweifellos es ist auch ein heisses Pflaster – irgendwie ganz anders als alle von mir zuvor bereiste Länder. Auch bin ich ein wenig stolz auf mich und blicke kurz nach dem hiesigen Bergfest bereits zurück auf eine wahnsinnig tolle Zeit in Yis Heimat, dem Llanos und der kolumbianischen Karibik um Cartagena bzw. im Golfo de Morrosquillo, an den die Islas del San Bernardo grenzen. Ich habe wieder ein wenig  Mut in mich gefasst und fühle mich unglaublich geborgen und gut aufgehoben an der Seite dieser Kolumbinianerin und vor allem in ihrem Land. Dabei wäre Yis nicht Yis, wenn sie mir dieses Gefühl besonders leicht machen würde.

Bergfest hatte ich auch vor ziemlich genau einem Jahr in der Systelios, zumindest eine Ehrenrunde hatte ich zu diesem Zeitpunkt schon gedreht in „meinem“ Prozess, aber gerade der gestrige und heutige Tag erinnern mich so sehr an die Kunsttherapie im Odenwald mit Frau Weck. Kolumbien ist ohnehin immerwährende, wenn auch sehr reggaetonlastige Musiktherapie – ganz anders als der heimische Bodensee, wie Yis mir bereits im September und mit einigen kognitiven Dissonanzen ihrerseits aufzeigte.  

Hier liegt immer Musik in der Luft und jede Region hat ihre eigene, ruhig ist es aber hier nie – zumindest nicht dort, wo Menschen sind. Hier ist es der Joropo, der in den Weiten des Llanos bis nach Venezuela musifiziert wird und die Harfe, die diese Musik zu tragen scheint. Über allem wummert aber der Reggaeton und jajajajaja (die spanische Version des Hahahas !) mein omnipräsenter Lieblingskünstler: BAD BUNNY mit seinen Multi-Milliarden-Clicks auf youtube und Spotify et al ! 

Effecto, Me Porto Bonito, Neverita und Ojitos Lindas sind die Lieder, die mich immer an meine Zeit hier erinnern werden, bei Spotify sind die meisten Lieder mit einem E! versehen, ein Blick in die Lyrik lässt mich schmunzeln: der Puerto Ricaner spricht wohl die jungen Menschen an, ein 60.000 Konzert während der Pandemie entwickelte sich zum SuperSpreader-Event! 

Aber auch die stillen Orte sind hier selten still: das Meer, das karibische,  ist vor allem morgens still bevor es dann am Nachmittag deutlich auffrischt, selten durfte ich die Tropen so intensiv studieren wie hier und die Hadley Zellen nicht nur theoretisch wahrnehmen, sondern auch täglich erleben. Aber das Meer beruhigt mich ungemein hier und hat man manchmal den Eindruck die heimischen Wälder seien still, im kolumbianischen Urwald ist es niemals still ! 

Mir fehlt der tiefe Urwald auf dieser Reise aber er ist so nah an Yis’ Heimat an den Hängen des sogenannte Piedemonte, wie die tropische Landschaft an den Hängen der Ostkodilleren hier zutreffend genannt wird. Villavicencio befindet sich wirklich zu Füssen der grossen Berge auf 460Hm, ziemlich genau wie der Bodensee. Hoch geht es südwestlich von Villavo, wie Villavicencio liebevoll genannt wird, auf deutlich über 4000m mit dem Saliente del Rio Guape (4180m). Fast so eindrucksvoll wie der Blick aus Interlaken auf das Schweizer Zentralgestirn, was ich Yis gerne und erfolgreich Ende Oktober zeigen konnte.

Für mich waren es irgendwie die Rückmeldungen von Albert und Wiebke in der Systelios-Gruppe und v.a. auch die Erfahrungen mit Chris und Nicole, die mich wieder reisen lassen: gefühlt zumindest lebendiger denn je und „caracho“, habe ich mich schon in dieses Kolumbien verliebt ! Aber dazu später mehr in “meiner” Kunsttherapie am vorgestrigen und heutigen Tage, zuvor noch ein paar andere Dinge, die ich gerne beobachte und für mich festhalten will:

Vorgestern waren wir von unserem Paradies auf Tintipán im Golf von Morrosquillo  (hier wird ein weiterer Blogeintrag folgen) nach einer bewegten Tour am Nachmittag in der deutlich auffrischenden Karibik und nach folgender 2 1/2 Stunden Busfahrt am belebten Busbahnhof an den grossen Zufahrtsstraßen Cartagenas angekommen. 

Der Bequemlichkeit buchten wir ein sehr sauberes und direkt am Flughafen gelegenes Hotel mit dem passenden Namen “Hotel und Spa Mucura” für knapp 40€.  Mucura ist eine der Schwesterinseln von Tintipán im Archipel der Islas San Bernardo, zu der es auch wieder eine kleine Geschichte der „Narcotraficantes“ gibt:

Einer der jüngst -in einer Nacht und Nebelaktion- erfolgten, publikumswirksamen Verhaftungen war die des kolumbianischen Drogenschiebers „El Fritanga“ –  sie fand vor einigen Jahren auf dem einzigen grösseren „Luxusresort“ des San Bernardo Archipels eben auf Mucura statt. Mittlerweile hält “El Fritanga” sich in einem weniger luxuriösen Hotel in Tampa, Florida auf, ich gehe davon aus, das wird er auch noch viele weitere Jahre tun (der spanische Wikipediaeintrag schweigt dazu leider, aber die Todesstrafe gibt es für aus Kolumbien Ausgelieferte ja nicht) ! Diese Auslieferungen hatte schon Pablo Escobar mit viel Blut verhindern wollen – erfolglos, auch nach nunmehr 30 Jahren noch!

Bevor ich zu diesen wunderbaren zwei Spaziergängen komme, die unserem Aufenthalt im Paradies folgten, möchte ich hier etwas sehr Persönliches festhalten, das mich aber sehr bewegt:

Auf meine Nachfrage, wo ich den in Villavicencio schlafen könne, liess mich eine sichtbar verdutzte Yis wissen: “Das musst du schon selber entscheiden, aber sicherlich nicht im Haus meiner Eltern”, gefolgt von einem Augenzwinkern. Damit hatten sich meine Hoffnungen erledigt, ein wenig in das bescheidene, aber offensichtlich sehr intakte Grossfamilienleben eintauchen zu dürfen, “jäh” erledigt. “Ich wäre aber sicherlich mal am Nachmittag “willkommen”” begegnet sie meine sichtbare Enttäuschung mit einem typischen selbstbewussten Lachen.

Ich erwähne das hier bewusst, weil ich ähnliche, aber familiär möglicherweise deutlich  prekärere Erfahrungen in der Vergangenheit machen durfte, die ich damals -vielleicht zu Unrecht- von meinem Sohn fern halten wollte. Ich schätze Konstantins leiblichen Großvater mütterlicherseits sehr, aber die Familiensituation im Haus mit der erweiterten Familie war nicht immer leicht, zumindest für mich höchst ungewohnt und zu Anfang auch in der unmittelbaren Nachbarschaft verstörend…

Yis beschreibt ihre Lebenssituation gerne mit dem treffenden Wort „humilde“. Das Verhältnis zu ihren Eltern scheint man jedenfalls vorbehaltlos mit „intacto y respetuoso“ beschreiben zu können und das spürt man immerwährend, wenn Yis über ihre Grossfamilie spricht: und gross scheint diese Familie zu sein, denn für die Tanten und Onkel allein mütterlicherseits reichen die Finger ihrer beiden Hände längst nicht aus.

So schmiss mich Yis an einem Hotel im heimischen Villavicencio auch aus dem Taxi, um wieder in ihre eigene Welt abtauchen zu können. Yis ist Yis, äusserlich ruht sie komplett in sich und lässt sich auch von meiner “verrückten” Welt nicht aus der Ruhe bringen. Sie geht ihren Weg und ein paar ihrer WhatsApps gehören definitiv in mein Systelios-Büchlein ! Ich liebe sie für ihre Klarheit, aber auch sie hat ihre Leichen im Keller.

Für mich war es wieder die Welt der scheinbar Privilegierten: ein motziger BMW X4 aus Baranquilla stand selbstbewusst im Eingang und ich war wieder angekommen in meiner uhrwerksgleichen schweizer Wohlstandswelt: alles funktioniert, kommt steril aber ordentlich daher, bietet sämtlichen Luxus und das nicht nur  bei im Januar  unangenehmen +3°C am Zürisee für 400€/Nacht, sondern bei tropischen vom Reggaeton begleitenden 31°C bei gut 70€. 

Von Yis sah ich in den letzten 36h herzlich wenig, Gründe sind folgende und nicht nur über diese denke ich viel nach:

Ich werde aus Respekt vor Yis die Dinge auf das Notwendigste reduzieren. Diese Dinge beschäftigen mich aber sehr und gehören für mich in diesen Blog.

Yis war im Jahre 2014 bis 2019 verheiratet mit einem quasi gleichaltrigen, nunmehr 32jährigen Mann aus der Nachbarschaft.

Schaut man sich die Bilder an, sah sie richtig glücklich aus zu dieser Zeit, fast schon kindlich naiv aber sehr sehr glücklich. Mit dem Nachwuchs wollten die beiden sich eigentlich Zeit lassen, aber ein gutes Jahr später kam bereits Samuél. Die Familienplanung hatte nur bedingt geklappt. Der Vater, Miguel, ist ein bildhübscher Mann, riesig für hiesige Verhältnisse, Samuél, der Sohn, ist ein ein ebenso hübscher kleiner, 7 jähriger Racker, kaum 6cm kleiner als mein Konstantin, er wiegt sogar ein wenig mehr und  kommt sehr breitschultrig daher. Unverständlich wie ein 4kg Brummer aus dieser zierlichen Frau kommen konnte. Aber das ist wohl eher wieder meine Welt der Zahlen, der Vergleiche und auch der Äußerlichkeiten.

Das, was dann folgte, erinnert mich an meine eigenen Erfahrungen, nur dass diese junger Kolumbianerin mit so vielen Dingen anders umgeht als ich das tue. Vielleicht aus der Not heraus, aus den Notwendigkeiten ihres Lebens, die ich selbst so wenig verspüre: aber mit Sicherheit auch aus einer inneren Einstellung, die sich sehr von meiner unterscheidet. Für diesen Perspektivenwechsel bin ich unendlich dankbar.

Doch auch auf ihrer Seele hat dies einige Narben davon getragen. Diese Narben brachten sie vor der Pandemie 4 Wochen in eine ähnliche Anstalt wie das, wofür Systelios geschaffen wurde:

Burnout ist ja keine ICD-Diagnose, wird aber zumindest in Europa und wahrscheinlich Nordamerika gerne als solche benutzt: einen Burnout darf man haben, er zeugt ja gerade davon, dass man noch Mitglied der Leistungsgesellschaft ist, auch, wenn man einer -vorzugsweise- kurzen Auszeit bedarf und sich dann wieder im Hamsterrad einzufinden hat. Zumindest schon meine inneren Kritiker mochten sich mit dieser Diagnose niemals anfreunden und Systelios arbeitet per se ungern mit Diagnosen: 

Eine posttraumatischen Belastungsstörung -wie von mir empfunden- konnte bei mir per Definition auch nicht vorliegen, laut Kliniktherapeutin fehlte es dazu an einer lebensbedrohlichen Situation. Auch wenn aus meiner Sicht eine solche Diagnose immer auf den Empfängerhorizont abzustellen hat -hier könnte ich noch ellenlang ausführen-, verzichtete ich aber auf ein nachhaltiges Diskutieren zwecks Formaldiagnose mit meiner Kliniktherapeutin. 

Ich liess es mir aber nicht nehmen, ein paar Anteile meinerselbst mundgerecht zu bündeln und die Kindsmutter mit einer Gegendiagnose zu konfrontieren, hat sie mich doch allen Ernstes als einen pathologischen und xxx Narzissten bezeichnet und mich so in die Klinik entlassen. Dummerweise nahm ich mir von dieser Hausfrauendiagnose noch etwas an…  Zumindest auf meine Gegendiagnose, die sich mir vor allem bei der Suche nach diesen narzisstischen Anteilen in mir aufdrängte, schien sie anzubeissen – und das schlägt jetzt zurück, wurde doch jüngst mein Gesundheitszustand anwaltlich zum Thema gemacht. 

Hier oder an anderer Stelle wird vielleicht nochmals etwas Erwähnung finden und so etwas bezeichnet man (als längst überfällige) Psychohygiene und vielleicht sollte sie einmal selber jemand mit den aktuellen Forschungsfortschritten zur jungen Wissenschaft der Epigenetik konfrontieren. Ich tue es immer weniger und auch nur noch, wenn es mit Konstantin zu tun hat.

Es gibt sicherlich klare psychiatrische Diagnosen: ein ausgeprägtes Asperger-Syndrom oder gar Autismus kennzeichnet nun einmal Menschen, die andere Bedürfnisse haben und anders “funktionieren”. Eine schizophrene Phase kann Außenstehende verwirren und braucht sicherlich auch vor allem für den Betroffenen ggf. der Intervention.

Eine ausgeprägte depressive Phase scheint Yis und mich zu verbinden und v.a. auch die Umstände, in denen die Phase unerträglich wurde. Durch den Freitod eines Robert Enke fand diese (anerkannte) ICD-Diagnose auch (kurzfristig) Beachtung in einer breiten Öffentlichkeit, auch drucken alle grossen Zeitungen nunmehr Hilfsnummern für Depressive ab im Rahmen von Berichten über (erweiterte) Suizidhandlungen und offensichtlich-depressiven Lebenswendungen. Auch google tut dies interessanterweise bei der einen oder anderen Suchanfrage.

Mir persönlich hilft es bereits, dass ich es nicht mehr persönlich nehme, wenn Nahestehenden einen „nahe legen“, “sich einmal zu zusammen zu reissen” oder sie hoffen, man “bekäme endlich sein Leben in den Griff.” Das sind eben die Dinge, die einem Depressiven nicht helfen, weil sie genau das nicht können und ggf. auch sehr darunter leiden. Auch gibt es Medikamente, die wirklich helfen, aber nun auch ihre Nebenwirkungen haben, wie ich schmerzhaft feststellen musste.

Psychische Probleme sind nun einmal die Syphilis der Neuzeit, der reichen Ländern und so sind Suizidraten in der Karibik und im nördlichen Südamerika nicht von ungefähr weltweit am niedrigsten und in den skandinavischen Ländern und auch in der Schweiz eher hoch.

Ein geplantes Leben -wie konfliktbehaftet es auch immer war- löste sich gefühlt auf in Wohlgefallen – damit hatten Yis und auch ich umzugehen. Nur löste es sich für mich spätestens bereits im Juni 2017 auf und ich mir wurden erst durch den Kinderpsychiater Dr. Bonney im Frühjahr 2021 wirklich klar, worauf das Ganze hinaus läuft. 4 harte Jahre, die einige Anteile in mir zu geniessen schienen, andere aber überhaupt nicht. Zumindest wurden mir einige Zusammenhänge klar, denen ich mich zu stellen hatte. Von Dr. Bonney, der im Übrigen ausgesprochen anspruchsvoll und breit gebildet seine Gedanken teilt und auch in der Vergangenheit mit dem sehr publikumswirksamen Gerald Hüther veröffentlichte, kam dann auch die Empfehlung der Systelios.

Yis hingegen trennte sich von heute auf morgen von dem Partner, mit dem sie eigentlich ihr Leben beschreiten wollte und es entglitt ihr in der Folge auch ihr eigenes Leben ein wenig – und so wurde sie von ihrer Mutter in eine “ebensolche” Klinik begleitet: eine institución mental “al estilo colombiano” ! Ich glaube keiner von den Lesern hier kann sich aber eine solche Klinik vorstellen, in die Yis „einzuziehen“ hatte. Yis war standardmässig 22h abgeschlossen in ihrem Zimmer, durfte schlafen und lesen und hatte bestenfalls ein längeres Gespräch mit einem Arzt pro Tag und konnte zwischen Pillen wählen: Die Alternative war: ja oder nein !

Was ich allerdings ansprechend und auch therapeutisch sinnvoll fand: sie durfte denjenigen, denen es noch deutlich schlechter ging, bei der Bewältigung ihres Klinik-Alltages helfen. Sich um die Anderen “kümmern”, das hat ihr wohl am meisten geholfen, in ihrem eigenen Prozess. Trotzdem entliess sie sich bereits nach 4 Wochen – zeitlich befand ich mich selber nach diesen 4 Wochen gerade auf der ersten Ehrenrunde und bestenfalls beim Bergfest auf meiner anspruchsvollen Kuschelinsel. Ganz so kuschelig war sie dann in der zweiten Hälfte auch nicht mehr.

Uns verbindet also eine ausgeprägte depressive Phase in einer oberflächlich gesehen ähnlichen Lebensphase eines Lebens, das  ansonsten nicht unterschiedlicher sein könnte. Allerdings verfolgen wir sehr unterschiedliche Coping-Strategien und ich muss zugeben, dass Yis der erste Nichttherapeut ist, der mich nachhaltig beeinflusst, mein Tun noch kritischer zu überdenken, vor allen Dingen in Bezug auf Konstantin und jetzt muss ich ein wenig schmunzeln auch auf “seinen Kinderwagen”, der doch sehr deutlich zeigt, wie unendlich verbohrt ich sein kann, wenn jemand an den falschen Saiten meiner Harfe zupft.

Yis grosse materielle Liebe hingegen ist ein Motorrad, gut 20PS stark aus 250ccm, zugegebenerweise wirklich sexy „verpackt“ in Italien, und in Indien finanziert und zusammengebastelt. Hätte ich den Zugang, den ich zweifellos zu Rennrädern habe, würde ich wahrscheinlich nur schmunzeln, es ist auch nur ein Bruchteil so teuer wie eine aufgepimpte Auspuffanlage einer “coolen” Harley ! 

Passend dazu ist es nun so, dass diese zarte Frau nur knapp 50kilo wiegt und gestern noch auf einer Ausgrabung war. Ich kannte diese “Ritual” bis gestern nicht und werde auch noch ein wenig dazu recherchieren müssen:

Der Tod ist uns fremd geworden und wir verbannen ihn aus unserem Leben – wir nehmen Abschied von unseren Lieben und der Sarg ist fast ausnahmslos geschlossen, ein deutscher Friedhofsplatz muss für 20 (?) Jahre gepachtet werden, bevor das Grab frühestens eingeebnet und wiederverwendet werden kann. 

Yis ehemaliger Ehemann hat zwei Brüder und Yis versteht sich noch ausgesprochen gut mit seiner Mutter, ihrer ehemaligen Schwiegermutter, die in unmittelbarer  Nachbarschaft wohnt und eine tolle Großmutter für Samuel zu sein scheint.  Nun ist es aber so, dass einer der Brüder, der Jüngste, kurz nach der Geburt von Samuel aber vor der Trennung der beiden Eltern tödlich auf dem Motorrad verunglückte. Javier, sein Name, starb wohl in den Armen von Yis‘ Ehemann Miguel noch bevor Hilfe eintreffen konnte. Das würde sicherlich die Kriterien für eine poltraumatische Belastungsstörung erfüllen. Aber darum geht es hier nicht…

Nach 6 Jahren werden hier die Bestatteten wieder ausgegraben, der Sarg wird beschaut und es wird nochmals Abschied genommen, bevor die Überreste endgültig verbrannt werden. Dieser Tag war gestern und Yis schilderte mir den Zustand des Erlebten sehr eindrücklich und den Schmerz, den der Anblick bei ihrer Schwiegermutter wohl verursachte, dabei wollte sie ihrer ehemaligen Schwiegermutter auf diesem Weg beistehen. Über Miguel verlor sie mir gegenüber nicht ein Wort und neben ihrem Klinikpsychiater bin ich wohl der einzige Mensch, dem sie die Gründe für ihre Trennung anvertraute. Dafür einen Dank, auch das ist nur bei meinen besten Freunden gut aufgehoben.

Samuél blieb die Erfahrung der Ausgrabung noch erspart und ich weiss bis heute nicht, ob dieses Ritual nur materiellen Bedürfnissen geschuldet ist oder ob es einfach etwas ist, was diese Menschen hier einfach anders machen. Ich denke es ist eine Kombination aus beidem !

Als ich Yis -in K*pph*rdtscher Manier- noch auf dem Rückweg im Taxi wissen liess, ich könne vor diesem Hintergrund unmöglich mehr tun als sie beim Autoführerschein und -Hergott nochmal- auch beim Motorradführerschein zu unterstützen, aber vor dem Hintergrund ihrer eigenen Lebensgeschichte, es mir ansonsten unmöglich sei, ihr jemals dabei helfen zu wollen, dass sie dieses Motorrad kaufen könne, konnte ihre Antwort nicht südamerikanischer sein:

„Tendré una moto algún día. Para morir solo hay que estar vivo.“

Wie gut mir die Bekanntschaft dieser wunderbaren Frau tut. Ihre Zahnklammer, „Hachi“ der neue Golden Retriever und ihr jüngster Versuch mit 31 an die Universität zu gehen, lassen mein Herz einfach nur strahlen und ich werde mir verdammt nochmal endlich dabei etwas abgucken ! Versprochen, Konstantin !

Yis‘ schwarze Victory Venom: seit meinem letzten Besuch vor 7 Monaten 20%, also 450€ teurer: Währungsinflation !
ohne Worte !
„Hachie“ am Flughafen Bogotá als Welpen, der im Übrigen nach dem japanischen Hachiko benannt wurde.
Yis mit Samuél und Zahnspange zum Halloween – ich mag ihre Aussage zu Kinder und Waffen. Netflixserien sind im Übrigen hier auch sehr erfolgreich.

*THIS IS A NOT TRUE STORY. The events depicted in this blog did not took place in Colombia 2023, nor in Switzerland nor anywhere in the World at any time. At the request of the survivors, the names have been changed. Out of respect for the dead, the rest has been told as the authors wants them to be.

Verfasst von: Dennis K. | 29. Januar 2023

Quo vadis, Christian*

Auf welchem Weg habe ich mich begeben  ? Nunja, ich weiss es selber nicht so genau, aber ich fange mal mit der wichtigsten Erkenntnis an: Ich bin wieder in Bewegung und ich bewege mich intuitiver, mehr mit dem Herz, aus dem Bauch heraus. Im „Hier und Jetzt“, den Kopf ausschaltend und die „Kontrolle“ einmal ablegend (letzteres fällt mir noch sehr schwer, aber auch diese Erkennntis zeigt ein wenig die Bewegung, in die ich mich versetzt habe).

Auch bewege mich diesmal wieder mit offenen Sinnen in einem mir vor weniger als einem halben Jahr noch völlig unbekannten Kontinent: Südamerika ! Ich liebe ihn bereits sehr, nicht ganz so wild wie weite Teile Afrikas und nicht ganz so fremd wie die Kulturen Südostasiens, aber mindestens so lebendig wie beide Kontinente zusammen. Vielleicht habe ich mir dabei sogar auf diesem Kontinent noch eines der wildestens, sicherlich aber eins der abwechslungsreichsten  Länder ausgesucht. Kolumbien.

„La bandera de Colombia es lindo“, si senor, …:

5700er Riesen im höchsten Küstengebirge der Welt, völlig wild grenzend an den Pazifik, mir bereits ein wenig vertrauter auch grenzend an die Karibik, drei Kordilieren mit dem touristisch bereits bereisten Kaffee-Dreieck, wahnsinnig schön und mit einem tollen Klima gesegnet, der blühenden und lebendigen Stadt Medellín, dem Rio Cauca und der Lebensader Kolumbiens, dem Rio Magdalena.

Es gäbe noch so viel zu entdecken: der Süden um Popayan und Cali, der kolumbianische Amazonas, der nur per Luft zu erreichen ist. und dann natürlich noch die fast unendlichen Weiten des wilden, anarchischen Llanos,  Yis‘ Heimat. Das steht nächste Woche auf dem Programm. Es bleibt also spannend:

Die Angst vor einer Millionärs-Fahrt verschreckt weiterhin die Gringos westlich und östlich des Atlantiks und kurz sah ich mich auch schon auf einer solchen Fahrt gebucht: von der Innenstadt Cartagenas zum etwa 30min entfernten Busbahnhof an den grossen Zufahrtstrassen. Ein Taxi-Fahrer hatte uns gefunden und sich mit einem fliegenden Händler koordiniert, Yis schien das nicht so zu stören.

Yis frage mich aber in der Folge und ein wenig erstaunt, ob ich Angst habe, als ich mich in Vierteln, die in erschreckender Deutlichkeit die Unterschiede zwischen Arm und Reich illustrieren ein wenig besorgt zeigte und empfahl mir doch wieder mein Handy rauszuholen, das würde mich doch schnell beruhigen… 🙂 – sie hatte Recht !

Nunja, knapp 10min später waren wir am Busbahnhof einer Stadt, die weder Yis, noch ich, geschweige denn Samuél zuvor bereist hatten. Wohl erhalten und nach fast 40min kaum 8 € leichter. Dazu hatten wir aber auch wieder einmal die Schattenseiten eines Landes mit so viel Potential gesehen.

Es war der Moment, in dem ich Weihnachtsgeschenk meines Vaters interessiert zur Hand nahm: Martin Spechts sehr lesenswertes Länderpotrait zu Kolumbien.

Bisher hatte ich mich eher an Joachim Helds „Abenteuer Anden“ und Hardy Grünes „Jenseits der Komfortzone“ gehalten:

Südamerika – irgendwann werde ich  Dich beradeln – 

Gerne schaue ich nochmals zurück und wiederhole einige meiner Beweggründe für Kolumbien, die sich allerdings ein wenig in den Hintergrund verschieben: 

Cartagena in Kolumbien nach Ushuaia in Argentinien ist einer der grossen Radträume, die ich schon seit über 10 Jahren auf dem Plan habe. Windeln wechselnd habe ich die Reise schon einmal eng verfolgt im Jahre 2014 – live im Blog meines Afrika-Buddies Hardy Grüne, allerdings „nur“ ex Quito, also auf fast 3000hm startend in Ecuador und offensichtlich eins der spannendsten Länder, „mein“ Kolumbien, auslassend. Hardy, es ist das einzige Land mit Radsportkultur (okay, ich weiss, es ist den Holländern geschuldet). Mag seine Tour aufgrund der Höhenlage für mich wirklich ein wenig „ausserhalb der Komfortzone“ starten, frohlockt diese Art des Reisens mich noch immer. 2024 steht es das nächste Mal auf dem Plan zumindest mit der mittlerweile wirklich teueren TdA.

Hardy ist ein komischer Vogel, seine Vita lässt fast nur ein rotes Parteibuch zu, was ich allerdings an ihm auch sehr schätze und in seinem Leben auch  eine gewisse rote Linie dafür erkennen kann. So habe ich in den letzten Jahren einige seiner schroffen Adjustierungen erfahren müssen, um die ich aber auch gebeten habe. Joachim Helds „Abenteuer Anden“ wies ihn selbsterklärend als tollen Südamerika-Kenner aus, während mein Rad-Buddy Hardy sich im Schnelldurchgang mit dem Kontinent vertraut zu machen schien und egal, wo er auch hingeht, das Eintauchen in den Menschen verbindenden Fussball nicht zu vergessen.

Hardy ist „gelernter“ Geograph, Journalist und ein Kind des Ruhrgebietes und so erfreute ich mich nicht nur in Afrika seines wachen solzialkritischen Auges links in der Brust. Auch ist er ein ausgewiesener Kenner des Fußballs vom Herzen her mittlerweile ausschliesslich ausserhalb des FIFA-Mainstreams und auch seit vielen, vielen Jahren diesem kritisch gegenüber eingestellt – und dies nicht erst seit den jüngsten materiellen Perversionen des zumindest sportlich bemitleidenswerten Ronaldo-Deals, der ja nur einen Exzess darstellt, einer von vielen schief laufenden Dingen in der Fussball-Globalisierung.

Dass mit Andreas just im vergangenen Oktober ein alter, auch ein bisschen kopflastiger Freund aus Fribourger Institutszeiten eine ähnliche Reise auch als zeltender Gruppen-Overlander angetreten hat, zeigt mir doch, dass immer mehrere Wege nach Rom bzw. Ushuaia führen, ich muss nur noch den besten entdecken für mich und Yis und unser wertvolles „Gepäck“! Es soll aber ein körperlich aktiver sein, das spüre ich. Trotzdem verfolge ich auch Andreas Treiben gerne und regemlmässig auf der Plattform „FindPenguins“ – ich glaube er ist diese Woche Ushuaia angekommen und macht sich dann fertig für den Karneval in Rio: auch nicht schlecht.

Yis, mi companera de viaje y mi novia ?

Den sozialen und hoffentlich auch emotionalen Blick auf Kolumbien lasse ich mir nun lieber von jemanden anderen ausrichten und dafür bin ich bereits jetzt unendlich dankbar. Diese Aufgabe hat nämlich Yis übernommen – eine Frau, die ich stundenlang beobachten könnte und Dir mir eine innere Ruhe vermittelt, nach der ich mich nicht erst jüngst sehne… – auch wenn wir uns bereits auf eine spanische Definition unserer Beziehung  geeinigt haben, schauen wir doch beide noch sehr kritisch, wie sich die Dinge entwickeln. 

Das magische Wort -so antizipierte sie richtig- würde ich ohnehin erst für sie empfinden können, würde ich endlich anfangen es für mich selbst zu entdecken, gab sie mir augenzwinkernd mit auf dem Weg als wir uns über die ähnlichen erfahrenen Verletzungen und Enttäuschungen aber auch die unterschiedlichen Coping-Strategien dazu austauschten. Affekte wie Hass und Wut sind ihr komplett fremd und sie hält mir den Spiegel in der richtigen Art und Weise vor. ich hoffe, sie hat nur hinreichend Geduld mit mir und erfreut sich bis dahin an meinen guten Seiten. Die Widmung in meinem Gastgeschenk an Samuél, ein kolumbianischer Weltatlas, zeigt mir schon sehr, welch weicher Kern unter dieser harten Schale sich versteckt.

Dass diese wunderbare Kolumbianerin, die ich ursprünglich zumindest als sportliche Reisebegleitung für mich gewinnen wollte, seit ihrem Posting vom 27. Juli hier an Ort und Stelle also vor ziemlich genau 6 Monaten, 7 Jahre gealtert ist, empfinde ich eher als Entwicklung, für die ich dankbar bin, offenbarte sie mir dies vor unserem zweiten Treffen in der Schweiz und in Italien in einer ihr eigenen Art und Weise der Aussprache.

Mentieras, also Lügen haben mich gerade in den letzten 6 Jahren regelmässig auf die Palme gebracht, mich zutiefst wütend, ohnmächtig und traurig gemacht. Aber auf Lügen folgende Ehrlichkeit hat auch etwas Befreiendes, vor allem, wenn es Intuition und Kopf austariert. Das war die neue Erkenntis für mich.

Das war ja in der Vergangenheit nicht der Fall und die Konsequenzen haben mich hierher geführt. Dass dieser hübsche 7jährige-Fatzke nicht ihr Neffe, sondern ihr Sohn ist, wollte wohl nur mein Kopf nicht wirklich verarbeiten, mein Bauch wusste es schon die ganze Zeit ! Ich lasse diese Situation einfach mal als ein Geschenk des Hergotts so stehen – einen Erklärungsnotstand empfinde ich an keiner Stelle. Fehler machen gehört für mich zum Leben dazu, den selben Fehler zweimal machen aber schon nicht mehr  – so habe ich hoffentlich die richtigen Lektionen gelernt. Meine Intuiton sagt mir, dass ich nicht vom Regen in die Traufe komme ! Lassen wir uns überraschen.

Und so sind wir nunmehr angekommen im Paradies, dessen Ausgangspunkt

Cartagena

ist – die Millionenmetropole an der Karibik mit ihre wunderschönen kolonialen Vergangenheit, aus der Simon Bolivar das Land mit dem Schwert befreite. Es sollte unser erstes Ziel im letzten Juli werden – wegen eines tropischen Zyklones kam alles anders und wir kämpften uns in einem sensationellen Roadtrip die Küste hoch bis Santa Marta, ließen Cartagena aber links liegen. Nun haben wir diese imaginären Startlinie für meine zukünftige Südamerika-Traverse erreicht. 

Wir stehen hier zu dritt, natürlich fehlt mir Konstantin sehr, aber ich hoffe bereits, es ist die Startlinie zu einer ganz anderen unkonventionelleren Reise, in deren Mitten neben Samuél  auch um mein geliebter blonder Wirbelwind Konstantin regelmässig mit uns steht ! Yis hat die Latte da schon in vielerlei Hinsicht hoch gelegt. Für alles gibt es Wege, wenn auch unkonventionelle !

Keine Sorge, in Zukunft finde ich hoffentlich schnell wieder zu einem weniger getragenen Reiseberichten zurück mit vielen Bildern und lustigen Geschichten. Eins kann ich Euch schon versprechen. Zumindest aus den Islas San Bernardo und der Mangroven/Koralleninsel Tinitipán lohnt sich zumindest ein Querlesen ! Es ist paradiesisch hier !

  • Dass ich mich hier Christian nenne, hat den simplen Hintergund, dass ich langsam die südamerikanische, spanische Nomenklatur verstanden habe und mir sowohl Yis als auch mein zweiter Vorname -zumindest spanisch ausgesprochen besser gefallen, vielleicht empfinde ich das Christian einfach auch nur als Dennis 2.0

Lieber Konstantin

Ich bin angekommen mit Yis und Samuél an einem Ort, der Dir wirklich gut gefallen würde. Egal, wo man hier ist, das Meer ist nur 20m entfernt, entweder es ist hinter Dir, vor Dir oder manchmal auch „nur“ neben Dir.  Morgens ist es sanft wie der Bodensee, abends tobt es wie die Nordsee !

Da Du google-Maps ja schon recht gut nutzen kannst: hier sind die Koordinaten. Es liegt in Kolumbien an der Küste, es ist eine ganz kleine Insel inmitten noch viel kleineren Inseln, die südlich (unten) von Cartagena und nordwestlich (oben links) von Tolú. Finde den Ort Rincon del Mar und dann bist du schon fast da – es liegt westlich (links). Du hättest heute eine unglaublich schöne Zeit mit Samuél gehabt, Yis hat wieder eine ihrer super Burgen gebaut wie vor 3 Monaten auf Sizilien. Nicht so mit der riesigen Sylt-Schauffel für die Papa-Burgen !

Papas erster richtiger Blogeintrag auf dieser Reise im weiten Internet ist wieder für Dich: eben weil ich Dich so sehr vermisse und ich Dich so gerne bei mir hätte. Mama und Papa sagen es Dir immer wieder: Du bist derjenige, der am wenigsten, nein, überhaupt keine Schuld hat an der Misere, die doch sehr viel Unruhe gebracht hat in Dein Leben. Manchmal war ich in der Vergangenheit nicht bei Dir, obwohl ich doch bei Dir war und das tut mir unendlich leid ! Aber ich kämpfe jeden Tag ein wenig, dass ich ein besserer Papa werde!

Ich glaube Mama sagte einmal ich wäre nicht gesund und müsste wegen einer Wutkrankheit behandelt werden. Ich selber hatte eher das Gefühl, dass ich häufig sehr traurig und böse auf mich und manchmal -nicht immer- auch auf andere bin. Mamas und Papa haben manchmal unterschiedliche Ideen und sehen die Dinge anders, auch die Dinge, die Dich betreffen und deshalb ist es manchmal auch besser, wenn sie getrennte Wege gehen.

Als ich vor gut einem Jahr in die Klinik ging -es war unser erstes getrenntes Weihnachten- wurde ich von meinen Mitklienten auf eine besondere Weise mit einem Spiel begrüsst: Das Spiel hieß „Spekulation“und ein jeder meiner Gruppe musste ein wenig über mich „spekulieren“. Das heisst, sie durften Vermutungen anstellen -weil sie mich ja nicht kannten- und raten, wer ich bin, indem sie meine Charaktereigenschaften, meine Vorlieben, meine Stärken, eingentlich mein „alles“ einschätzten. Eigentlich ein sehr einfaches Spiel, oder? Alles durfte gesagt werden, ABER es durften nur gute Dinge sein !

Dein Papa braucht manchmal ein wenig und so hat es schon ein bisschen gedauert, bis ich den Sinn dieses Spiels wirklich verstanden habe. Mama hätte es sicherlich viel schneller verstanden, dafür versteht Papa es anders und nicht unbedingt schlechter. Dieses Spiel wirkt bei mir bis heute noch nach. So möchte ich es auch mal mit Dir spielen, obwohl ich meine, Dich schon Recht gut zu kennen und ich Dich seit dem ersten Tag Deines Lebens begleite:

Du bist richtig neugierig, Du bist wahnsinnig mutig, Du kletterst auf jeden Baum, schwimmst in jeder Pfütze und kannst super rechnen, Du bist ein toller Torwart und kennst alle Deine Paninibilder – Größe, Gewicht und das erste Länderspiel, egal Du weisst es alles. Den Fallrückzieher übst Du unerbittlich bald nicht nur auf dem Bett – den Seitenrückzieher kannst Du schon wie ein Grosser. Im Fussballquartett schlägst Du mich schon seit der Euro22 und beim Stratego sicherlich noch vor der Euro 24. Du bist wild, aber spürst, wenn Du manchmal nicht wild sein solltest. Du bist ein toller grosser Bruder bei Helena, Julia und auch bei Talu und sicherlich auch bald bei Maximilian. Du teilst gerne mit anderen, was mich sehr glücklich macht, Du hast eine tolle Phantasie, kannst vergeben und Dich auch einmal entschuldigen, Du kannst schon besser FIFA23 spielen als Papa das zur FIFA26 je wird können. Mit keinem spiele ich lieber Kniffel und mit keinem werde ich jemals lieber Kniffel spielen wollen. Manchmal bin ich müde, wenn Du schläfst, trotzdem freue ich mich jeden Morgen, dass Du aufwachst, egal, ob Du – Du weisst schon. Auch das wirst Du schaffen, glaub an Dich, denn Du bist der tollste Junge der Welt, der, den ich mir immer gewünscht habe ! Ich habe Dich unendlich lieb !

Verfasst von: Dennis K. | 25. Januar 2023

Quo vadis Blog ? Quo vadis, Christian ? 

Was wird aus diesem Blog, was wird aus Deinem Leben ? Zwei ähnliche lautende Fragen, deren Bedeutung für mich unterschiedlicher nicht sein können, doch irgendwie auch ein wenig zusammen hängen.

Zunächst möchte ich einmal mit der deutlich leichteren ersten Frage anfangen:

Quo vadis Blog !

Dieser Blog „Tour d’ Afrique 2011“ entstand im Rahmen einer für mich sehr wichtigen Reise, deren Eindrücke bis heute nachhaltig wirken. Er handelt von einer Reise, vor der ich ein wenig Angst hatte, ich diese Ängste aber auch aufgrund meiner damaligen Partnerin Kasia ein wenig überkommen konnte und auf die ich mich damals in der Folge glücklicherweise mit Herz, Mut, Verstand und viel Intuition eingelassen habe ! Retrospektiv …, ach, hätte, hätte Fahrradkette…. !

Zumindest hat mir diese Reisein der Folge auch gezeigt, zu was ich imstande bin, wenn ich eben etwas will, vielleicht mich aber auch schon verdeckt ein wenig darauf hingewiesen hat, wer ich denn eigentlich überhaupt bin, wer ich eigentlich nicht bin und was mir im Leben nicht so gut liegt. 

In der Folge und vor allem jüngst beschreibt dieser Blog in Ansätzen eine weitere, viel anstrengendere Reise. Eine Reise im Vergleich zu der sich meine Afrikaktraverse im Renntempo anfühlt wie ein sonntäglicher Ausflug entlang der Mosel, um meinen geschätzten Radbuddy Hardy zu zitieren:

Meine eigene Lebensreise !

Gerade im Nachgang zu dieser Reise durch die Länge Afrikas blieb der Blog an wichtigen Weggabelungen meines Lebens leer oder wurde nur unter der Perspektive von Rad(reise)eindrücken genutzt. So finden sich vereinzelnd reiseradfahrische Einträge zu wichtigen Gabelungen, die dieser Reise folgten:

Beruf

So berichte ich sporadisch von meinem Versuch, beruflich endlich Fuss zu fassen 2012 mit Champions-Training.de und mich „semi“-selbstständig zu machen. Die knapp 8 Wochen Mallorca in jedem Frühjahr als Anbieter finden aber kaum Erwähnung, mein folgender komplett planungsloser 300km Mailand-SanRemo Ritt wieder als Kunde wird allerdings eindrucksvoll und selbstkritisch beschrieben, die Augen öffnenden Momente mit Arnold in  den Alpen wieder als Anbieter, ich weiss es nicht einmal, was der Blog dazu hergibt.

Lang, lang ist es her und aus professioneller Sicht war es wohl die richtige Entscheidung es in diesem Umfeld nicht zu tun. 

Ein weiterer Versuch den genialsten Fahrradmechaniker und Rad-Lebenskünstler zur gemeinsamen Selbstständigkeit zu überreden scheiterten kläglich. Douglas, you are my man. Du bist der Typ, von dem ich die wichtigen Dinge des Lebens hätte lernen können: Du lustigerweise auch ein paar Dinge von mir ! Aber leider waren wir (damals) nicht füreinander gemacht, Du bist der Mann der Intuition, Du bist authentisch und ich denke langsam auch zu verstehen, warum das so ist.

Vielleicht kreuzen sich unsere Wege aber nochmals – Douglas: „MOON THE WORLD“ !

Familie

Der wohl wichtigste Moment meines Lebens fand auch kurz Erwähnung in diesem Blog. So berichtete ich (allerdings erst als Rückblick) von meinem mystischen Ritt im Regen und Nebel hinauf zum sagenumwobenen Trollstigen.

Es war morgens um gefühlt um 4:30 h, nachdem Kasia mir im muffigen Keller eines herzlichen norwegischen Rentnerpärchens in Åndalsnes von unseren erfolgreichen Versuchen um Konstantin berichte. Auf die Abfahrt vom Trollstigen mit dem Rennrad verzichtete der zukünftige Vater bereits „verantwortungsvoll“ oder war es doch bereits Angst, war es gar Bequemlichkeit oder wieder nur Faulheit ? 

Die Jahre 2016-2018 hingegen, während derer meine Mutter zunächst noch in kurativer Hoffnung, später sich recht schnell palliativ einer der hinterhältigsten Krebsarten vergeblich zu stellen hatte, fehlen interessanterweise in Gänze. Auch fehlen die grundsätzlich ja lobenswerten Versuche der Mutter meines Sohnes ihr persönliches Glück zu finden. Etwas, was mir grundsätzlich imponiert, wenn man es denn authentisch und ehrlich anstellt.

Wahrscheinlich schrieb ich vor allen aber nicht darüber nicht, weil „man es nicht tut“ und weil man ja „seinen Sohn schützen“ soll vor dem Tun seiner Eltern. Hier habe ich allerdings viel beobachtet bei anderen Menschen, bei den positiven Beispielen wie auch bei den abschreckenden. Und hier reift langsam eine Erkenntnis in mir und hierzu finde ich langsam den eigenen Weg. Ich hoffe, es ist nicht zu spät und vor allen Dingen hoffe ich, dass es nicht der falsche Weg für meinen Sohn Konstantin ist.

So schreibe ich ein wenig stolz über meine (finanzielle) Rolle bei der Schulgründung und -entwicklung im Hinterland vom Mombassa, die eigene Schulgründung für Konstantin im „heimischen“ Kreuzlingen findet keine Erwähnung. Ich weiss langsam warum !

Gesundheit

Vor gut einem Jahr meldete ich mich aus Intuition und Notwendigkeit, aus Sorge um mich selbst und die Zukunft meines Sohnes, nochmals zu einer ähnlichen Reise an. Preislich leider auch kein Sonderangebot, aber definitiv eine gute Investition, die Protagonisten und Charaktere erinnerten mich stark an Afrika, nur wurde nicht mehr radgefahren, sondern man setze sich bequem in einen Kreis, liess (nur figurativ) die Hosen runter, entblösste sich aber vollkommen und redete.

Man redete, redete und hörte nicht auf zu reden. Wenn man nicht redete, musizierte man (ich würde es nicht so nennen) oder malte (hmmm, das könnte man im Vergleich zur modernen Kunst sicherlich so nennen) Ja, ich muss selber noch darüber schmunzeln, wenn ich das schreibe ! Aber in der Tat verstehe ich besser, was es damit auf sich hat ! Systelios – Psychotherapie und psychosomatische Medizin mit hypnosystemischer Grundhaltung eben !

Diesmal waren es nicht die Toris, die Spencers, der gemeine Wolf oder der König der zumindest teilweisen fiktiven Radfernreiseliteratur Hardy, nein es waren Klaus, Chris, Albert, Nicole, Wiebke, um nur einige zu neuen, die mir mittlerweile sehr ans Herz gewachsen oder zumindest in profunder Erinnerung geblieben sind ! Lustig, mit keinem dieser Menschen bin ich auf Facebook verbunden, aber trotzdem fühle ich mich ihnen zum Teil noch immer sehr, sehr nah: richtig geile Typen eben, die man „in der Klappse“ kennenlernen kann…

Tour d’ Afrique2011 wird also mein Lebensblog, mein Tagebuch, was ich weiterhin öffentlich schreibe, weniger um meinen Frust in Richtung Osten zu kanalisieren, sondern mir vielleicht darüber klarer zu werden, warum und welche Hoffnung eher im fernen Westen zu finden ist 🙂
Ich möchte für mich einen Ort schaffen, so wie ich ihn gerne habe: offen, transparent, selbstironisch, mutig, hier und da naiv, manchmal vielleicht sogar ein wenig eitel und an anderen Stellen bewusst uneitel: nicht als Tagebuch unter meinen Kopfkissen mit einem Vorhängeschloss ! So bin ich eben und das ist auch gut so !

Liebe Jenny, danke für Deine immerwährende Unterstützung in den letzten 15 Monaten . Du schaffst es immer wieder , mir längst überfällige Denkanstösse zu geben und akzeptierst gleichzeitig, dass ich am Ende doch wieder meinen eigenen Scheiss mache – meinen errnsthaften Dank dafür ! Ich habe noch vor einer Stunde gemerkt, wie wertvoll das ist und wie wenig Dankbarkeit Du dafür bekommen hast, sei Dir aber sicher. Du bist halt eine schlechte Ökonomin, aber der ROI muss sich ja nicht immer im nächsten Quartalsbericht auftauchen (und ne ökonomische Diss. schafft ja ohnehin nur der gemeinsame Freund Steinert !) Bei mir hat es ja schon fast nicht zur Liz-Arbeit gereicht, die ich bei Dir hätte schreiben müssen. Insofern, wann sehen wir uns endlich wieder ?!? Diesmal aber nicht in der Sauna, wo wir wieder beim Thema „Eitelkeit“ sind….

Wer also mehr zum Thema „Quo vadis, Christian ?“ lesen will, darf hier gerne weiter mitlesen…. aus Kolumbien und gerade knapp meinem ersten „Spitalaufenthalt“ entkommen…

Hola mi nombre es Yis, tengo 24 años nací en Mesetas Meta actualmente vivo en Villavicencio. Vengo de una familia muy humilde. Llevo aproximadamente 15 días leyendo este blog, cada vez que lo leo me sorprendo y se acelera mi corazón.

Estos días han estado llenos de magia, experiencias, alegrías, risas y una que otra lágrima escondida, la comunicación ha sido nuestro mayor reto pero lo hemos logrado. Mi compañero de viajes es la persona más maravillosa que he conocido en mucho tiempo todo un CABALLERO.

Quiero hablarles un poco de RÍO CLARO uno de los lugares que ha marcado un antes y un después en mi vida… Mi compañero y yo decidimos hacer una caminata que se llamaba „La Caverna“, en mi mente no sonó tan mal, mi corazón empezó a latir muy fuerte cuando el guía nos indicó donde terminaba esta caminata justo en un hueco en una roca justo al otro lado del río. Mire a mi compañero y me sonrió. Una hora más tarde después de mucho caminar ahí estábamos en la entrada a la caverna, 5 minutos después todo era oscuridad pero las manos de mi compañero estaban en mis hombros indicándome que estaba ahí…. Mi mayor temor llegó un poco después los pozos con una profundidad de 2 metros, cada vez que tenía que saltar miraba atrás y ahí estaba el con una sonrisa y con una mirada que me decía tu puedes, confío en ti.
Al terminar el recorrido lo vi éramos dos niños asustados felices de llegar a la meta nos abrazamos y sonreímos. ahora se que su mano estará ahí para mí siempre. SI ESTAS CONMIGO NO TENDRÉ MIEDO.
Gracias universo por cruzar los caminos de CHRISTIAN Y YIS.

Verfasst von: Dennis K. | 24. Juli 2022

Honda – ein erstes (melancholisches) Resumée

Angekommen sind wir nach fast 900km immer wieder entlang der Lebensader Kolumbiens dem Rio Magdalena von einem zauberhaft verwegen gelegenem Kaffee-Agriturismo in den Höhen der Sierra Nevadade Santa Marta, dem perfekten Gateway vor und nach einer Wanderung zur Ciudad Perdida, über unser 11,60€ Hotel in Aguachica in einen Ort, dessen Namen mir auch als Velofahrer in Erinnerung bleiben wird: HONDA. 

Bar direkt neben unserem 11,60€ Motel in Aguachica

Diesen Ort hatte ich virtuell auserkoren als Zielort für „meine“ erste Abfahrt aus Bogotá hinunter ins „Alta Magdalena“. Nun ist es der Ort geworden, der unseren Road-trip durch Kolumbien beschliesst. Zeit für ein erstes Resumée.

Kolumbien ist wild und wir haben nur sehr kurze Abstecher „off-the beaten track“ gemacht. Wir hätten ein paar Tage im Valle de Cocora verschwinden und die Zentralkordilleren besser erwandern können. Antioquia hat seinen rauhen Charme nicht erst durch Pablo Escobar und in der Sierra Nevada de Santa Marta haben wir überhaupt nicht  begonnen mit den „Abenteuern“.  Den Pico de Christobal Colón mit seinen 5730m habe ich leider nicht zu Gesicht bekommen. Dafür kurz den den 5321m und mit Schnee bedeckten Nevado del Ruiz.

Nicht nur Yis träumt vom Amazonas und ich von den wirklich wilden Departamentos: Nach Yis könne man das Llanos, für das Meta so bekannt ist, tagelang bewandern, ohne Menschen zu begegnen und die abgelegenen Departementos Vichada, Vaupés und die beiden noch unbefriedeten „Kantone“ Nariño und Chocó sind ohnehin nochmals eine anderen Hausnummer mit einer noch immer existenten Guerilla.

Leticia, die südlichste Stadt Kolumbiens ist über das Straßennetz, ähnlich wie die brasilianische Amazonas-Stadt Manaus, überhaupt nicht zu erreichen, liegen über 500km Regenwald dazwischen.

Distanzen und Straßen, sofern vorhanden, für die „der kleine Polo“ und meine Nerven nicht mehr geeignet sind. Kolumbien ist ein eher kleines Land in Südamerika (im Vergleich zu den großen Brüdern Brasilien und Argentinien oder auch entfernungsmässig zu Chile), es ist aber so gross wie Frankreich, Spanien und Portugal zusammen. Gestern hatten wir ein kleines Highlight: 450km mit einem Schnitt vom 68km/h, phasenweise kam so etwas wie Highway-Gefühl auf. Für Bogotá nach Armenia im Kaffee-Dreieck stand am Ende eines aufregenden Tages 38km/h im Mittel auf der Uhr: In Afrika gab es eine handvoll Tage, an denen die Racer vor den Trucks im Camp waren. Weit waren wir nicht davon entfernt. Fahren bei Nacht ist ein no-go für mich, zweimal haben wir es leider erst nach Sonnenuntergang ans Tagesziel geschafft – das gilt es gerne zu vermeiden. So haben wir heute nochmals knapp 140km und morgen geht es bereits zurück nach Amsterdam.

Dankbar bin ich für den ehrlichen, ersten Einblick in die Realitäten der Menschen hier, denn Yis Realitäten des Lebens sind wirklich ganz, ganz andere. Irgendwie will ich losgelöst von irgendwelchen „Hintergedanken“ mal schauen, ob ich nicht mal zur Abwechselung wieder einen Fussabdruck zum Positiven irgendwo hinterlassen kann. Es ist erschreckend wie „unverbreitet“ die Kommunikationssprache English hier ist. Mit ein wenig Kommunikationsniveau „Englisch“ ist man hier schon sehr weit vorne dabei am Arbeitsmarkt. Eine meiner Qualitäten ist es, die Qualitäten Anderer gut einschätzen zu können. Yis ist ein sehr sehr schnell lernende Frau, die weiss, was sie will und v.a. weiss, was sie nicht will. Aber irgendwie gerate ich immer an dickköpfige Frauen – auch diese wieder ! Hoffentlich ist sie ehrlicher !

“Labour” kostet nichts. Ein Zimmermädchen in den Motels entlang der Hauptstraßen verdient in einer 12 Stunden-Schicht ca. 30.000 pesos das sind kaum 7€ ! Das Preisniveau ist gefühlt zwar nicht wesentlich über dem, was ich vor über 11 Jahren in Afrika wahrnahm. Das günstigste Getränk war einmal eine Colombiana, Kolumbiens Nationalbrause für 2000pesos, das sind 45cents. Rekord ist somit immer noch die Cola in Addis Ababa für 18cents Anno 2011.  Einfachste Hotels an den Fernstraßen sind für unter 10€ zu bekommen, mit einigen Ausnahmen haben wir uns aber immer aus dem absoluten Prämiumbereich bedient. Meistens deutlich unter 100€/Nacht, nie über 200€ und ein paar wirkliche Schätzchen waren dabei, so zum Beispiel das Gitane in der Karibik unweit des Tayrona-Nationalparks aber auch das abgelegene TerraMia in den Bergen oberhalb von Minca war unendlich charmant konzipiert, aber mit 750.000pesos/Nacht für hiesige Verhältnisse sehr, sehr teuer. Mit booking.com ist das Ganze sehr gut auch mit Stundenvorlauf buchbar.

Hotel in HONDA, interessant eingefügt mit absoluter Armut bereits in der nächsten Parzelle
Direkt an der Wand hinter der Wasserrutsche !

Yis hat sich auf mein Betreiben hin erstmal Montagmorgen in Bogotá einen Termin zum Bantragen ihres Reisepasses „besorgt“, über Kontakte und mit ein bisschen „Schmiere – fast 20€“ geht das im Gegensatz zu einer Beantragung aus Villavicencio sehr schnell und der Pass sollte dann innert einer Woche vorliegen. Auch wird sie jetzt im August erstmal ihren Führerschein machen, für das Moto und in einem Rutsch auch für das Auto – Kostenpunkt wahrscheinlich keine 3 Praxisstunden in der Schweiz. Ich hoffe, dass ich bekannte Deja-vues diesmal anders abhandle als in der Vergangenheit und bin mir durchaus bewusst, ob der abermaligen Abhängigkeiten, die ich da schaffen könnte. Auf der anderen Seite werde ich mich mit Sicherheit in 15 Jahren nicht über eine Pfeffermühle streiten, sondern mich dankbar an ein bisschen Abenteuer in Südamerika erinnern. Schauen wir mal, was sich in der kommenden Zeit aus diese Bekanntschaft entwickelt – ich bin gespannt, Wanderschuhe sind auf jeden Fall geschnürrt, die Cleats werden zeitnah verschraubt, mein Herz klopft, mein Verdauungssystem arbeitet wieder verlässlich wie vor 11 Jahren und mein Gemüt verzichtet auf die Pillen der letzten 9 Monate – erfolgreich ausgeschlichen, umgesetzt wie geplant, seit 2 Wochen komplett ohne und mittlerweile wohl auch aus dem System !

Zeit, sich dem während eines deutsch, polnisch, griechischen Triathlons abhanden gekommenen Kinderwagen zu widmen – schaun wir mal….. 😉

Durchfahrt durch MINCA
Zielankunft, LLEGADA, des GFSM, dem GRAN FONDO de SANTA MARTA auf gut 1400m Höhe, vielleicht für mich mal 2023 ?

La bandera de Colombia es muy linda, si señor,

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